Graphic Novel: Der Wert der Würde
James Sturms Erzählung „Markttag“ ist eine bewegende psychologische Studie über die Bedeutung der Arbeit.
Mendelmann liebt seinen Beruf. Mehr noch, er ist sein Beruf. Als dieser nichts mehr wert ist, ist auch Mendelmann ein Nichts. Jahrelang hat er seine Teppiche geknüpft, jahrelang hat er sie zum Markt getragen. Wenn der Kaufmann Finkler seine Arbeiten annahm, war er selig, lehnte er sie ab, ging für Mendelmann eine Welt unter.
Jetzt ist Finkler fort und sein Nachfolger interessiert sich nicht für Handarbeit, sondern nur für billige Massenware. Mendelmann zweifelt an seinem Lebensentwurf. Daheim liegt seine Frau in den Wehen, bald hat er eine Familie zu ernähren, aber statt vorzusorgen, ließ er sich antreiben, „Luftschlösser zu bauen“. Er weiß nicht, ob er Scham oder Zorn spüren soll.
Karg war das Leben der osteuropäischen Arbeiter, als das 20. Jahrhundert jung war. Der Amerikaner James Sturm spiegelt das in seinen nüchternen Bildern. Die Farben sind blass: das Grünbraun der Felder, das Grau des Dämmerlichts. Die Linien sind so klar wie die Luft des frühen Morgens, durch die Mendelmann seinen Eselskarren steuert.
Wie Sturm erzählt, ist bewegend – aber eine Analyse wirtschaftlicher Zusammenhänge sollte man von ihm nicht erwarten. Zwar lässt sich „Markttag“ als Parabel auf Krise, Arbeitslosigkeit und Globalisierung lesen. Doch Sturm stellt keine Zusammenhänge her, liefert keine Erklärungen.
Was er verfasst hat, ist eine psychologische Studie, die illustriert, was der Verlust von Anerkennung für den Einzelnen bedeutet und – Marx lässt grüßen – welche Gefahr darin steckt, wenn eine Gesellschaft den Wert des Menschen an den der Ware koppelt, die er produziert.
Dass Sturm dabei gelegentlich gehörig pathetisch wird und auch mit zehn Seiten weniger ausgekommen wäre, schmälert den Wert seines Werks nur minimal.
James Sturm: Markttag, Reprodukt, 96 Seiten, 20 Euro
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