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Showtime. Sascha (Matthias Schweighöfer) und Frau Ella (Ruth Maria Kubitschek) werden ziemlich beste Freunde.
© Warner

Filmkomödie "Frau Ella": Der Stussmacher

Matthias Schweighöfer ist witzig, vor und abseits der Kamera. Auch in der Kino-Komödie "Frau Ella", mit Ruth Maria Kubitschek, sorgt er für Tempo. Bald aber regieren Romantik - und ein bisschen Rührseligkeit.

Ach was, sagen die Leute, schon wieder ein Schweighöfer? Sind echt ganz schön viele Schweighöfer-Komödien in letzter Zeit, „Kokowääh 2“ und „ Schlussmacher“, Zweiohrhasen und Dreiohrküken, auch „Rubbeldiekatz“ und die „Russendisko“ sind nicht lange her. Wo man auch hinguckt, überall Schweighöfer, auf jeder Kino-Webseite macht er persönlich Reklame für sein jüngstes Werk, jede anders, immer schrecklich gut gelaunt – und immer mit jener Prise Selbstveralberung, die einen begreifen lässt, warum er auf Facebook über eine Million Freunde hat, doppelt so viele wie Til Schweiger.

Apropos. Die beiden unterscheidet vor allem das Tempo. Matthias Schweighöfer ist ein Unruhestifter, ungeduldig, hypernervös, ein Rastloser, ein Großstadtneurotiker mit dem Charme des idealen Schwiegersohns und genügend subversiver Restenergie, um auch in der eigenen Generation zu punkten. Er kann es sich leisten, nach einem Trinkspiel in „Circus Halligalli“ vor laufender TV-Kamera gerade noch das „Frau Ella“-Startdatum über die Lippen zu lallen und die Jugend zeitgleich vor Hochprozentigem zu warnen. Prosten, Prusten und pädagogisch wertvoll „nicht!! niemals!! macht sowas nie nach!!!“ twittern – das geht nicht? Bei ihm hat es Witz.

Schweighöfer, das sind Speedy Gonzales, Roberto Benigni und Woody Allen, Cleverness inklusive. Hat er sich getrennt? Ist er wieder mit der Freundin zusammen? Hurra, er wird wieder Papa! Wer die News über den 32-Jährigen verfolgt, kann schnell auf die Idee kommen, dass da einer sein Privatleben als Werbemaßnahme einsetzt, passend zu „Schlussmacher“, der „Hilfe, sie ist schwanger“Story von „Frau Ella“ und dem nächsten Schweighöfer: „Vaterfreuden“ startet im April 2014. Aber traut jemand diesem hibbeligen Hitzkopf so viel Kaltblütigkeit zu?

„Frau Ella“, von Schweighöfer produziert, entstand unter Regie von Markus Goller, der mit dem Star schon den Kinohit „Friendship!“ gedreht hat. Schweighöfer alias Sascha rast gleich zu Beginn mit dem Taxi durch Berlin, spielt mit der Freundin (Anna Bederke) das „Sie ist irgendein Fahrgast“-Spiel, bis sie ihm ein Ultraschallbild vom Baby unter die Nase hält. Folgen Konfusion, Kollision und ein Krankenhausaufenthalt, bei dem der abgebrochene Medizinstudent die redselige Frau Ella (Ruth Maria Kubitschek) in seine WG entführt, weil sie falsch behandelt zu werden droht. In der WG haust Kumpel Klaus, ein dem Übermut der Verzweiflung ausgestatteter Looser. Und spätestens angesichts dieses chaotischen Trios denkt man, es geht doch. Eine turbulente, coole, rotzfreche (bloß kein Respekt vor Alter und Gebrechen!) Komödie, das können nicht nur die „Ziemlich beste Freunde“-Franzosen, die Deutschen können es auch.

Allein Schweighöfers Mienenspiel beim Melissengeist-Trinkgelage mit Ella. Oder August Diehl als horoskopsüchtiger Freund Klaus, dem Schweighöfer – ähnlich wie Milan Peschel in „Schlussmacher“ – immer wieder souverän den Vortritt lässt. Und die besseren Pointen. Diehl scheut sich nicht, dem Affen Zucker zu geben, superprolligbunte Hemden und Jacketts und ebenso peinliche Sprüche zur Schau zu tragen, Sprüche à la „Hau weg die Pfütze“ oder „Toll, die ganz alte Progress-Kacke, wie Kommune Eins, nur ohne Sex“.

Aber natürlich dauert es länger als diese ersten 20 Minuten, auch diese Komödie trägt ja den Zusatz „romantisch“. Anders als Florian Beckerhoffs Romanvorlage geht es bald raus aus Berlin: Auf der Suche nach Frau Ellas verschollener Liebe des Lebens fahren die drei mit dem Mercedes-Cabrio erst nach Paris und dann ans Meer. Enden nicht irgendwie alle deutschen romantischen Komödien mit einem Barfußspaziergang am Strand?

Spätestens hier ist Schluss mit lustig. Das unterscheidet die „Ziemlich beste Freunde“-Franzosen von der deutschen Komödie, die Witz und Melo fein säuberlich trennt. Lachen und Weinen? Bitte der Reihe nach. Bloß kein Halligalli der Gefühle. Und die Komödie stirbt, aus Angst vor der eigenen Anarchie.

In 18 Berliner Kinos

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