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Ed Sheeran im Studio, bei der Aufnahme seines Albums „÷“ .
© Murray Pictures Limited 2018

Doku über Ed Sheeran auf der Berlinale: Der Popstar als Musikmaschine

Wie Ed Sheeran „Shape of You“ schrieb: Die Doku „Songwriter“ im Berlinale Special begleitet den kreativen Prozess des britischen Sängers.

Pop ist kein Geschenk, Pop ist harte Arbeit. Gegen Ende des Films spielt Ed Sheeran seinem Vater einen Song vor, den er mit großem Orchester im legendären Abbey-Road-Studio aufgenommen hat. Der Vater wirkt eher mittel beeindruckt und fragt: „Wie viele Monate hast du dafür gebraucht?“ Die Antwort: „Zwei Jahre“. „Songwriter“ heißt der Film, der Sheeran in intimer Nähe bei der Arbeit an seinem Album „÷“ (sprich: Divide) begleitet. Genauso gut könnte man den Popstar auch als Musikmaschine oder Musiksoftware bezeichnen. Unablässig arbeitet er an Songs, es gibt nur wenige Szenen in dem Film, den sein Lieblingscousin Murray Cummings gedreht hat, in denen Sheeran nicht eine Gitarre in der Hand hat oder vor sich hin singt. Schreibt er die Musik, oder ist es die Musik, die ihn schreibt?

Bekannt war Ed Sheeran schon vor „÷“, aber sein drittes Album, das im März 2017 herauskam, machte den 1991 geborenen Briten endgültig zum derzeit erfolgreichsten Sänger der Welt. Die Platte brachte ihm sechs Top-20- Platzierungen in den deutschen Charts, insgesamt verkaufte er bislang fast 130 Millionen Tonträger. „Wenn du nicht so groß werden möchtest wie Adele, hast du im Musikbusiness nichts zu suchen“, sagt er. „Ich will nicht wie Adele sein, ich will Adele sein.“ Das Erfinden von Ohrwürmern scheint ihm leichtzufallen. Etwas Fingerschnipsendes geht aus von diesem Normalo-Genie in Jeans und T-Shirts, bei dem allenfalls die tätowierten Arme auffallen. Den ganzen Film über verliert er nie die gute Laune, stets bedankt er sich freundlich bei seinen Co-Songwritern und den Musikern, mit denen er arbeitet.

Ein letzter Song fehlt noch

„Songwriter“ beginnt mit dem Johlen und Jubeln der Fans am Ende eines Konzerts in Berlin und Szenen aus dem Nightliner-Bus. Sheeran trägt schon eine Schlafanzughose, greift sich aber die Gitarre, singt mit Falsettstimme irgendetwas wie „I don’t really want to write this song“, das Band läuft mit. „I like that“, sagt der Produzent und mischt einen elektronischen Beat dazu. In Malibu trifft sich Sheeran mit einem halben Dutzend Singer/Songwriter, Songs entstehen auf einem Sofa im sonnendurchfluteten Garten, neben dem Swimmingpool, im Wohnzimmerstudio. Der US-Produzent Benny Blanco, drei Jahre älter, ist immer an der Seite des Musikers, und weil Blanco unter Flugangst leidet, fahren sie mit dem Luxusdampfer „Queen Mary II“ über den Atlantik nach England. Natürlich arbeiten sie auch unterwegs an Songs.

Ed Sheeran hat die Gesetze des Rock-’n’-Roll-Kapitalismus verinnerlicht, er ist ein Leistungsethiker. „Ich habe als Jugendlicher zwei, drei Songs pro Tag geschrieben. Irgendwann hörten die schlechten Songs auf, es kamen nur noch gute“, erzählt er Schülern bei einem Besuch seiner ehemaligen Schule in Suffolk. „Es kommt erst einmal darauf an, konstant viel rauszuhauen. Den besten Song schreibst du fünf Jahre später.“ Der Film beginnt, ähnlich wie die Arbeit am Album, die er beschreibt, skizzenhaft, fast dilettantisch, und wird dann immer klarer, immer professioneller durchdesignt. „÷“ soll eine grandiose Platte werden, Sheerans Meisterwerk, doch am Ende – tolle Dramaturgie – fehlt noch immer ein letzter Song, der zwölfte. „Ich hab ihn schon im Kopf“, sagt der Songwriter, und bald darauf ist es draußen, das Liebeslied „Shape of You“, sein Megahit. Ed Sheeran ist der Sisyphos des Pop. Man muss ihn sich als glücklichen Menschen vorstellen.

24.2., 18 Uhr (Cubix 8), 25.2., 12 Uhr (Friedrichstadt-Palast), 15.30 Uhr (Zoo- Palast 1) u. 22.30 Uhr (Friedrichstadt-Palast)

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