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Antiheld: Der einstige Clubbesitzer Allan Williams ist die Hauptfigur der Geschichte.
© Edition 52

Beatles-Comic: Der Mann, der John Lennon Wände anstreichen ließ

In ihrer kurzweiligen Graphic Novel „Liverfool“ schildern Damien Vanders und Gihef die Geschichte der Beatles aus der Sicht des Clubbesitzers Allan Williams, der ihre ersten Auftritte organisierte.

Brian Epstein gilt als der Mann, der den Beatles zum Durchbruch verhalf. Plattenvertrag, Pilzfrisuren, Publicity – alles das Werk des cleveren Managers. Kaum bekannt ist hingegen sein Vorgänger: der Clubbesitzer Allan Williams. Er verschaffte der Gruppe Anfang der Sechziger Gigs in Liverpool und organisierte ihre legendären ersten Engagements in Hamburg.

Seine Geschichte erzählen nun die Franzosen Damien Vanders (Zeichnungen) und Gihef (Text) in ihrer Graphic Novel „Liverfool“. Sie lassen ihn als älteren Herren auftreten, der in der Liverpooler Matthew Street herumlungert. Weil hier der Cavern Club liegt – einst Auftrittsort der  Beatles – besuchen viele Pop-interessierte Touristen die Gegend. Potenzielles Publikum für Williams. Er quatscht eine kleine Gruppe an und erzählt ihr schließlich gegen Geld von seinen Abenteuern mit der Band, die sich damals noch Silver Beatles nennt. Den Bass spielt Stuart Stutcliffe, ein Schlagzeuger fehlt allerdings. Und so ist die Suche nach einem Mann für den Rhythmus eine der ersten Williams-Anekdoten.

Das „Liverfool“-Duo hat sich bei den Fakten einige künstlerische Freiheiten genommen. So wurden die Beatles nicht auf Pete Best aufmerksam, weil sie hörten, wie sein Spiel beim Üben durch die Straßen schallte und sie begeistert dem Klang folgten. Sie hatten sich schlicht in einem Club kennen gelernt. Vor ihrer Hamburg-Reise luden sie ihn zum Vorspielen ein. Größtenteils kommt die in schwungvolle Schwarz-Weiß-Zeichnungen gefasste Geschichte jedoch hin. Verbürgt ist etwa, dass John Lennon und Stuart Stutcliffe, die beide chronisch in Geldnot stecken, von Williams den Job bekamen, die Wände in seinem Jacaranda-Club zu bemalen. Schließlich dürfen sie dort auch auftreten und kommen beim Publikum besser an als Williams vermutet hätte.

Ein paar Monate später kutschiert er die junge Horde im Kleinbus nach Hamburg, wo es zu Beginn einige Probleme gibt, bis die Beatles endlich im angesagten Top Ten Club landen. Eine Außenansicht des Reeperbahn-Ladens zeigt Zeichner Vanders auf einem schicken ganzseitigen Bild, genau wie The Cavern einige Seiten später. Die Atmosphäre dort kommt authentisch rüber und auch die Bandmitglieder sind recht gut getroffen, vor allem der Lederjacken tragende John Lennon, der damals noch eine Tollen-Frisur trägt.

Den vollbärtigen Ex-Klempner Allan Williams zeigen Vanders und Gihef als sympathisches Improvisationstalent, das mal geschickt und dann wieder recht tölpelhaft die ersten Karriereschritte der späteren Weltstars begleitet. Er ist ein klassischer Antiheld, worauf sowohl der Titel „Liverfool“, als auch der seines eigenen Buches („The Man Who Gave The Beatles Away“) hinweisen. Und natürlich gibt es irgendwann Streit ums Geld, und die Beatles beenden die Zusammenarbeit - mit einem schnöden Telefonanruf. Williams ist sauer und enttäuscht. Er versucht, andere Newcomer-Bands groß rauszubringen, was ihm allerdings nicht gelingt. Irgendwann verlegt er sich darauf, bei Beatles-Conventions aufzutreten und wenigstens ein bisschen Kapital aus seiner Zeit mit den Fab Four zu schlagen.

Legendärer Zebrastreifen: Das Buchcover.
Legendärer Zebrastreifen: Das Buchcover.
© Edition 52

Es ist eine schöne Idee, die schon tausend Mal erzählte Geschichte der Beatles aus der Sicht eines Nebendarstellers zu schildern. Allan Williams eignet sich dafür hervorragend. Gihef und Vanders setzen ihm – trotz einiger Seitenhiebe auf seine vielen glücklosen Aktionen – ein kleines Denkmal. So zeigt eine der letzten Seiten eine Collage, die an Klaus Voormanns berühmtes „Revolver“-Cover angelehnt ist. Dazu kommen Williams Worte: „Ohne das Jac’, ohne Hamburg, ohne mich, hätte es die Beatles nie gegeben“. Es könnte sein, dass er Recht hat, nach der Lektüre von „Liverfool“ möchte man es jedenfalls glauben.

Schade nur, dass Vanders und Gihef der Geschichte mit einem überflüssigen „Making Of“ am Ende des Buches einiges von ihrer Wirkung stehlen. Die mit Fotos illustrierte Schilderung ihrer völlig unspektakulären Recherchereise nach Liverpool hätten sie für ihr Tagebuch oder ihre Website aufheben sollen.

Gihef & Vanders: „Liverfool“, Edition 52, 116 Seiten, 18 Euro.

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