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Bob Dylan auf dem Cover von „Nashville Skyline“.
© Imago

Musikproduzent Bob Johnston ist tot: Der Mann, der Bob Dylan zügelte

Leonard Cohen konnte bei ihm entspannen und Bob Dylan nahm mit Bob Johnston seine größten Hits auf. Nachruf auf einen legendären Musikproduzenten.

Eines der schönsten Liebeslieder des 20. Jahrhunderts beginnt mit einer irritierenden Frage. „Is it rolling, Bob?“, fragt Bob Dylan, läuft das Band?, und ja, das Band läuft, alles in Ordnung, Schlagzeuger, Bassist, Pianist und Gitarrist fangen an zu spielen. Und Dylan singt „To Be Alone With You“, einen Song darüber, dass nichts so aufregend sein kann wie das Alleinsein mit einem anderen.

Der Mann, dem die Frage gilt, ist der Produzent Bob Johnston, der in diesem Augenblick hinter einer Plexiglasscheibe auf der anderen Seite des Studios sitzt. „Nashville Skyline“ heißt das so entstandene Album, es erschien 1969, zu einem Zeitpunkt, als sich Amerika nach Rassenunruhen, Anti-Vietnamkriegs-Demonstrationen und den Morden an Martin Luther King und Robert Kennedy im mentalen Ausnahmezustand befand. „Nashville Skyline“, das komplett in der Hauptstadt der Countrymusik entstanden ist, zeigt, dass die Gegenkultur dabei war, die Bastionen des Establishments zu erobern. Den Auftaktsong „Girl from the North Country“ sang Bob Dylan im Duett mit seinem Freund Johnny Cash, und die von einer Steel Guitar getragene Liebesballade „Lay Lady Lay“ wurde einer seiner größten Hits.

Johnston liefere Titel für Bill Haley und Elvis

Johnston, der Dylan nach Nashville geholt hatte, war 1932 in der texanischen Kleinstadt Hillsboro zu Welt gekommen. Er stammte aus einer musikalischen Familie, schon seine Mutter hatte Songs für den Countrystar Gene Autry geschrieben. Johnston versuchte sich vergeblich an einer eigenen Rockabilly-Karriere und lieferte stattdessen mit seiner Ehefrau Diane Johnston Titel für Bill Haley und Elvis Presley. Schließlich landete er als Staff Producer bei Columbia Records in New York. Dort war er für Betty Page zuständig, eine Sängerin mit eiserner Föhnwelle, die wegen ihrer anklägerischen Trennungslieder auch „The Singin’ Rage“ genannt wurde, die singende Wut.

Der nächste Klient, den Bob Johnston übernahm, war – wir schreiben das große Rock ’n’ Roll-Jahr 1965 – ebenfalls sehr wütend: Bob Dylan. Johnston produzierte den größten Teil des „Albums Highway 61 Revisited“, das entstand, als Dylan sich gerade entschlossen hatte, von der Folk- zur E-Gitarre zu wechseln und dafür beim Newport Festival beinahe gesteinigt worden wäre. Es folgten Kooperationen bei sechs weiteren Alben, darunter „Blonde On Blonde“, das bis heute bei Umfragen unter die besten Platten aller Zeiten gewählt wird, und das kürzlich in erweiterter Fassung wiederaufgelegte „Self Portrait“. Schon Teile von „Blonde On Blonde“ nahm Johnston mit Dylan in Nashville auf. Es ging ihm um einen anderen, erdigeren Sound.

Jeder war eingeladen, sein Bestes zu geben

„Bob Johnston war anspruchsvoll und gastfreundlich. Er hat nicht einfach die Maschinen eingeschaltet. Er schuf eine spezielle Atmosphäre im Studio, die Musiker waren eingeladen, ihr Bestes zu geben und konnten sich gleichzeitig maximal entspannen“, hat Leonard Cohen gesagt, der mit Johnston seine „Songs Of Love And Hate“ aufnahm.

Bob Johnston, der außerdem mit Johnny Cash, den Byrds, Simon & Garfunkel und Carl Perkins arbeitete, ist am 14. August in Nashville gestorben. Er wurde 83 Jahre alt.

Christian Schröder

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