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Genie am Kochtopf. Adam Jones (Bradley Cooper) eröffnet, von der Drogensucht genesen, in London ein eigenes Restaurant.
© Wild Bunch

Im Kino: "Im Rausch der Sterne": Der Küchenwüterich

Krisen am Herd: Bradley Cooper und Daniel Brühl im Spitzenkoch-Film „Im Rausch der Sterne“.

Jedes anständige Drehbuch funktioniert nach dem Motto „Per aspera ad astra“, zeigt den Weg von der Niederlage über die Läuterung zum Ruhm. Dass aus den lateinischen Sternen allerdings Michelin-Sterne geworden sind, ist ein Zeitgeist-Phänomen: Das Drama der Spitzenküche hat sich zu einem wichtigen Kino-Sujet entwickelt, auch wenn die meisten Filme mit der Herdrealität ähnlich wenig zu tun haben wie James Bond mit dem gemeinen Agentenleben.

„Burnt“ heißt der Film von John Wells im Originaltitel, im Deutschen ist aus dieser lakonischen Kurzbeschreibung ein banales „Im Rausch der Sterne“ geworden. Dabei unterscheidet sich dieses pralle Drama von den meisten anderen Küchenfilmen dadurch, dass es einen kaum komödiantisch besänftigten Ton anschlägt und auch den amourösen Verwicklungen nur sehr wenig Raum lässt.

Bradley Cooper („The Hangover“) gibt das gefallene Londoner Herdgenie Adam Jones mit enormer körperlicher Präsenz; das ist einer, vor dem die Kollegen echt Angst haben können. Vermutlich hat es im Kino kaum je derart „Fuck!“ und „Fucking“ gehagelt – mal hören, wie die deutsche Synchronisation das überträgt. Jones, wegen Alkohol und Drogen zeitweilig abgestürzt, bringt gleich zu Beginn sein Bußritual zu Ende: eine Million Austern geöffnet als Küchenhelfer in Louisiana – das muss genügen. Zurück in London, rauft er sich mit Ex-Kollegen teils gewaltsam zusammen und kreuzt im Hotel seines alten Chefs Tony auf, den Daniel Brühl als verklemmten, vom Dreiteiler in Form gezwungenen Erbsenzähler anlegt.

Der erste Anlauf gelingt mit Unterstützung einer einflussreichen Restaurantkritikerin (Uma Thurman in einer Minirolle); die Premiere von „Adam Jones at the Langham“ misslingt dennoch, denn der cholerische Chef hat kulinarisch den Anschluss verloren und demoliert Küche und Konzept – aus der Ferne scheint da die Lebensgeschichte des genialischen Küchen-Wüterichs Marco Pierre White auf, der 1994 als erster Brite drei Michelin-Sterne errang. Auch im „Rausch der Sterne“ geht es natürlich um diesen mythischen dritten Stern und den Weg dorthin.

Zu seiner wichtigsten Weggefährtin wird nun Helene (Sienna Miller), die als junge, talentierte Köchin den Zugang zur modernen Küche hat, die Gerichte ihres Chefs stilistisch öffnet und ihn vom Nutzen der Teamarbeit überzeugt. Schließlich steht der Besuch der Michelin-Inspektoren an, der Hamlet-Moment jedes ehrgeizigen Kochs. Drehbuchautor Steven Knight, der das Genre bereits bei Lasse Hallströms „Madame Mallory“ ausgelotet hat, findet einen hübschen Twist, um die Story der allzu vorhersehbaren linearen Entwicklung zu entreißen. Auch der leise Schluss verweigert sich üblicher Erwartung.

Der „Rausch der Sterne“ funktioniert auf mehreren Ebenen, zumal als Schauspielerfilm mit Cooper und Brühl als Gegenspielern. Ihnen arbeiten äußerst profilierte Kollegen zu, darunter Uma Thurman und die wunderbare Emma Thompson – als sarkastische Psychiaterin greift sie immer mal wieder ins Geschehen ein. Sienna Miller spielt die dritte Hauptrolle angenehm beiläufig und unglamourös.

Aber auch das Küchenhandwerk ist authentisch und präzise abgefilmt – wenngleich der eher klassisch orientierte Londoner Küchenchef und White-Schüler Marcus Wareing vielleicht nicht ganz der Richtige war, um den Wandel der Kochstilistik von Jones glaubhaft umzusetzen. Dennoch: eine saftige Kinomahlzeit, die in der Originalversion sicher am besten schmeckt.

In neun Berliner Kinos; Originalversion im Cinestar SonyCenter

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