Was machen wir heute?: Der Krise trotzen
Die Konzerthäuser haben ein Problem, das meine Tochter nicht hat, und das ist das Altersproblem. Das sieht sie selbst vielleicht anders, die Sache mit dem Altersproblem, zum Beispiel wenn sie versucht, den Bauklotz in die vorgesehene Öffnung zu stecken, und es wieder nicht klappt.
Die Konzerthäuser haben ein Problem, das meine Tochter nicht hat, und das ist das Altersproblem. Das sieht sie selbst vielleicht anders, die Sache mit dem Altersproblem, zum Beispiel wenn sie versucht, den Bauklotz in die vorgesehene Öffnung zu stecken, und es wieder nicht klappt. Doch darum soll es hier nicht gehen, sondern um, ich sagte es bereits, die Konzerthäuser. Ihre Gäste sind im Durchschnitt 55 bis 60 Jahre alt und mindestens graumeliert, man nennt sie Silbersee. Meine Tochter, ein Jahr, blondes Haar, schien mir da eine willkommene Abwechslung zu sein, auch farblich, und so ging ich mit ihr ins Lunchkonzert in der Philharmonie.
Klänge es nicht so sehr nach Swingerclub, könnte man die Atmosphäre dieser Konzerte, die immer dienstags im Foyer stattfinden, zwanglos nennen. Viele der Zuhörer tragen Jeans, etliche sitzen auf dem Boden. Meiner Tochter ist dieser Aufenthaltsort sehr geläufig, und so fühlte sie sich schnell wohl. Das Stück am Klavier gefiel ihr so gut, dass sie ein paar Male juchzte, und da sie gerade gelernt hat, wie Klatschen geht, aber noch nicht, wann man am besten wieder damit aufhört, klatschte sie nach dem ersten Stück noch ein paar Sekunden weiter, als das nächste schon begonnen hatte. Zugetragen hat sich das alles weit hinten. Dort saßen wir, um niemanden zu stören.
Die Krise der Klassik sei keine Krise der Musik, sondern der Darbietungsformen, hat der Kulturwissenschaftler Martin Tröndle geschrieben. Man müsse sich neue einfallen lassen. In der Yellow Lounge, wo klassische Musik in Clubs gespielt wird, und hier in den Lunchkonzerten, wo außer uns noch viele andere Familien sind, hat man das Gefühl, dass das tatsächlich gelungen ist. Doch nicht allen gefällt das. „Unmöglich“, zischt eine ältere Dame beim Hinausgehen. „Mit Kind sollten Sie wirklich zu Hause bleiben“, sagt eine andere. Der Silbersee, so scheint es, will lieber unter sich bleiben.
Verena Friederike Hasel
Lunchkonzerte, jeden Dienstag um 13 Uhr in der Philharmonie in Berlin-Tiergarten.
Verena Friederike Hasel
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