Kunst aus dem Iran in der ifa-Galerie: Der Himmel unter Teheran
Die ifa-Galerie zeigt in der Ausstellung "Dem Gestern ein Morgen geben" drei Positionen zur Architektur und Kunst aus dem Iran.
Ob sich durch das Atomabkommen mit dem Iran die Bedingungen für die dortigen Künstler und Intellektuellen gebessert haben oder eher noch mehr staatliche Kontrolle herrscht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein Fenster zum Iran öffnet jedenfalls das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), das in seiner Berliner Galerie die Ausstellung „Dem Gestern ein Morgen geben“ zeigt. Sie vereint Architektur und Kunst; kein jemals ganz leichtes Unterfangen.
Zum einen übernimmt die Ausstellung den Beitrag Irans bei der Architekturbiennale von Venedig 2014; zum anderen fügt sie drei künstlerische Positionen hinzu, von denen eine unmittelbar mit der gebauten Realität des heutigen Iran zu tun hat. In ihrer poetischen Verschlüsselung bieten die Fotoarbeiten des 1978 in Teheran geborenen und dort lebenden Dadbeh Bassir einen Schlüssel zum Verständnis der unaufhörlichen Modernisierung.
Sie zeigen jeweils winzige Ausschnitte aus der Skyline der iranischen Hauptstadt, die oberhalb von Wolken zu schweben scheinen, als ob dichter Nebel die Stadt verhüllte und nur die Spitzen freiließe. Doch, so erklärt Bassir, ist der Himmel in jedem Bild durch einen Spiegel in die Aufnahme einbezogen und nicht erst am Computer hinzugemixt worden. So hängen die angeschnittenen Gebäude buchstäblich in der Luft.
So unmittelbar das Hier und Heute ist: Die Vergangenheit bleibt doch gegenwärtig
Vom starken Wunsch der iranischen – zumindest der Teheraner – Frauen, sich modisch dem Westen anzuschließen, spricht Mona Hakimi-Schüler, die mittlerweile in Berlin lebt. Sie hat ein Kleiderensemble geschaffen, das die Tradition männlicher Kettenhemden mit der Vorschrift, in der Öffentlichkeit verschleiert zu gehen, verbindet – und darüber hinaus ein Pariser Modelabel hinzuzieht, dessen Produkte als Piraterie-Klone im Basar käuflich sind. Eine Handtasche mit hervorquellenden Geldscheinen darf als Accessoire nicht fehlen.
Noch weiter zurück in die Vergangenheit geht Mehraneh Atashi mit ihren Videos, in denen eine junge Frau in banalen Alltagsumgebungen klassische Texte der persischen Literatur rezitiert, von Omar Khayyam oder Saadi aus dem 12. respektive 13. Jahrhundert. „Widerstrebend nehmen wir Abschied und wissen nicht“ – so Omar Khayyam – „die Absicht der Geburt, des Lebens und des Scheidens.“
Derlei ist für die islamische Orthodoxie wohl nicht ganz reine Kost. Aber Iran, das früher Persien hieß, besitzt ein Jahrtausende zurückreichendes Erbe. So unmittelbar das Hier und Heute in diesem von rasantem Bevölkerungswachstum geprägten Land auch ist, bleibt die Vergangenheit doch gegenwärtig. Wie mit ihr umgehen? Das war das Thema des Beitrags für Venedig vor zwei Jahren, der unter dem von Biennale-Direktor Rem Koolhaas gegebenen Thema „Verarbeitung der Moderne“ vielleicht nicht die gebührende Aufmerksamkeit fand.
Der Sehnsuchtsort der persischen Lyrik, der Garten im Gebäudeinnern, taucht immer wieder auf
Dabei ist es bemerkenswert, dass in diesem offiziellen, unter den Auspizien des Ministeriums für Verkehr und Stadtentwicklung entstandenen Beitrag Bauten der gesamten Periode der Moderne gezeigt werden. Sie deckt sich mit der Ära der Pahlavi, Schah Reza (1925–1941) und Schah Mohammed Reza (1942–1979). In diesen Jahrzehnten entstanden zunächst Schulen, Bahnhöfe und Flughäfen, die tastend zwischen traditionellen und modernen Bauformen eine Symbiose suchen. Unter Mohammed Reza wird die Anverwandlung der internationalen Trends zur Richtschnur. Nicht zuletzt die als „Brutalismus“ heute eher geschmähte Architektur mit kubischen Volumen, mit massiven Ziegelmauern und rohem Beton hat in Teheran Ableger gefunden. Überraschend dann das Tahkti-Stadion von Jahangir Davish aus dem Jahr 1966: Weist es nicht mit seinem an zwei Pylonen aufgehängten Zeltdach über geschwungenen Rängen auf das Münchner Olympiastadion von 1972 voraus?
Im Wohnbau gibt es Anknüpfungen an tradierte, dem heißen Klima angepasste Formen, wie in der Neusiedlung Shustar in der golfnahen Provinz Khusistan (Kamran Diba, 1975). Die Alghadir-Moschee von Jahangir Mazloum (1976) nutzt im Inneren die ornamentale Kraft der alten, rechteckigen kufischen Schrift. Immer wieder taucht das Motiv des im Gebäudeinneren umschlossenen Gartens auf, diesem Sehnsuchtsort persischer Lyrik.
Später hält erst die Postmoderne Einzug, dann finden sich Beispiele der globalisierten Gegenwarts-Moderne. Zumal im Ausland vermittelt der Iran alles andere als ein Bild von islamischer Tradition: So ist das Botschaftsgebäude in Berlin von Darab Diba (2002) so zeitgenössisch wie nur irgendein Nachbar. In der beständigen Umwälzung, die zumal die Millionenstadt Teheran erfährt, ist die Zukunftsverheißung der Moderne ihrerseits schon wieder historisches Erbe.
ifa-Galerie, Linienstr. 139/140, bis 18.9. Katalog 14 €. Infos unter www.ifa.de
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