Jeff Koons’ und sein „Rabbit“: Der Erfolg der Bling-Bling-Kunst
Jeff Koons’ „Rabbit“ wurde für 91 Millionen Dollar versteigert, ein neuer Rekord für einen lebenden Künstler. Dabei steht es vor allem für effektive Selbstvermarktung.
Mit seinen ins Monumentale vergrößerten Hündchen, Häschen, Nippesfiguren aus Souvenirläden avancierte der amerikanische Künstler Jeff Koons in den Achtzigern, den Jahren des Kunstbooms, nicht nur zum Superstar. Er wurde auch zum Begründer der postironischen Kunst. Sein aktueller Rekord beim New Yorker Auktionshaus Christie’s mag als weitere postironische Volte erscheinen. Doch der Spitzenpreis ist eine nüchterne Tatsache und für den volatilen Kunstmarkt ein deutliches Zeichen der Stabilisierung. Koons’ 1,04 Meter hohe Stahlskulptur „Rabbit“ erbrachte am Mittwochabend 91,1 Millionen Dollar (rund 81,2 Millionen Euro) und ist damit das teuerste Werk eines lebenden Künstlers. Am Vorabend hatte Monets „Heuhaufen“ bereits einen Rekord mit 111 Millionen Dollar erzielt.
Erst vor einem halben Jahr hatte diese Position der britische Maler David Hockney mit seinem Gemälde „Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)“ eingenommen. Sein Werk war 2018 für rund 90,3 Millionen Dollar bei Christie’s ebenfalls in New York versteigert worden. Hockney hatte wiederum Koons abgelöst, dessen Skulptur „Balloon Dog (Orange)“ jahrelang Rekordhalter war. Der Erlös lag 2013 bei 58,4 Millionen Dollar.
Auch wenn der aktuelle Rekord eine Sensation darstellt und den zuletzt schwankenden Marktwert von Koons wieder nach oben drückt, so ist die enorm hohe Preissumme keine Überraschung. Christie’s hatte die silbrig glänzende Figur aus poliertem Edelstahl bereits mit 50 Millionen Dollar als Schätzwert angesetzt. Das wohl bekannteste Werk des US-Künstlers stammt aus der Sammlung des vor zwei Jahren verstorbenen US-Verlegers Samuel Irving Newhouse, dem das Verlagshaus Condé Nast gehörte, in dem unter anderem die Zeitschriften „Vanity Fair“, „Vogue“ und „New Yorker“ erscheinen. Sein Exemplar gilt als das letzte in privater Hand von insgesamt drei. Den Zuschlag erhielt am Mittwoch der Kunsthändler Robert E. Mnuchin, Vater des US-Finanzministers Steven Mnuchin. Gemeinsam mit Koons-Galerist Jeffrey Deitch hatte er sich vorne im Auktionssaal platziert. Prompt erklärte Deitch hinterher, dass er immer schon gewusst habe, dass „Rabbit“ einmal in das Pantheon gelangen würde. Fans des Künstlers sehen das Werk in einer Reihe mit Constantin Brancusi, Marcel Duchamp und Andy Warhol.
Jüngere Künstler halten nicht viel vom Super-Kaninchen
Auf seine Weise illustriert „Rabbit“ perfekt, was unter Bling-Bling-Kunst zu verstehen ist, die vor allem bunt, schrill und glänzend zu sein hat. Als Vorlage diente ein aufblasbares Kunststoffhäschen, wie sich noch an den Nähten, Falten und dem Ventil auf der Rückseite erkennen lässt. Der Künstler-Alchemist Koons verwandelte die billige Wegwerfware in ein teures Objekt aus dauerhaftem Material, in dessen Oberfläche sich der Betrachter auch noch spiegeln kann.
Dass die Figur in die Schmuck-Kollektion von Stella McCartney einging und 2007 als überdimensionaler Helium-Ballon auf der Thanksgiving-Parade in New York wieder auftauchte, spricht für die Markenbildung, die Koons mit seiner Kreation gelang. Was jüngere Künstler von dem Super-Kaninchen halten, war erst zuletzt in der Berliner Galerie Meyer-Riegger zu sehen, wo Jonathan Monk ein Werk seiner Reihe „The Deflated Inflated“ präsentierte: Der Brite hatte dem Kunstgeschöpf einfach die Luft rausgelassen und dessen Hülle als Skulptur auf dem Boden abgelegt. Pfiffig, aber nicht rekordverdächtig.
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