Konzert am Flughafen Berlin-Schönefeld: Der BER-Chef ist ein Klassikfan
Als Flughafen taugt der BER noch nicht viel, als Open-Air-Kulisse dafür umso mehr. Tugan Sokhiev und das DSO luden zum Freiluftkonzert - zwischen Landebahn und Abfertigungshalle.
Die Akustik ist schon erstaunlich für ein Freiluft-Event. Natürlich wird das Deutsche Symphonie-Orchester bei seinem Auftritt im Rahmen der Brandenburgischen Sommerkonzerte auf dem BER-Skandalflughafen elektronisch verstärkt, doch die Glasfront der Abfertigungshalle und die Kassettendecke des gigantischen Vordachs, unter dem die Musiker sitzen, steuern zusätzlich ihren eigenen, natürlichen Nachhall bei. Spielt das DSO einen saftigen Akkord mit nachfolgender Pause, kann man die Druckwelle des Klangs förmlich vorbeiziehen hören. Üppig und rund ist der Sound, sanft weichzeichnend, ohne dass die Konturen verschwimmen.
Es bieten sich aber auch beste Open-Air-Bedingungen an diesem Sonntag: moderate Temperaturen und absolute Windstille. Die Flugzeuge, die auf Südbahn des geschlossenen Airports landen dürfen, weil die alte Schönefelder Piste seit Mai saniert wird, sind zwar zu sehen, machen sich akustisch aber nur als diffuses Brummen bemerkbar. Viel präsenter ist da das Gezwitscher der Schwalben, die lautstark auf ihr Gewohnheitsrecht pochen, das Gelände auf ihre Art zu beschallen.
BER-Chef Mühlenfeld outet sich als Klassik-Fan
In seiner Begrüßung outet sich der neue BER-Chef Karsten Mühlenfeld als Klassik-Fan, und Thomas Schmidt-Ott, der Vorsitzendes des Trägervereins der Brandenburgischen Sommerkonzerte, erklärt die Location mal eben zu Berlins drittem Konzertsaal. Ein adäquates Foyer jedenfalls ist vorhanden: Auf einem festgelegten Parcours dürfen die Besucher sich durch die lichte Abfertigungshalle bewegen – und staunen über die edlen Materialen, die eleganten Proportionen. Da kommt durchaus Vorfreude auf künftige Abflüge auf.
Mit Konzerten unterm Vordach wäre es dann natürlich vorbei. Also Platz genommen zum sinfonischen Programm, dass das DSO aus der Philharmonie mitbringt. Durch die schwarze Gaze, mit der die Bühne verhängt ist, schimmern weiße Wattewolken auf preußischblaue Himmel, festlich erklingt Beethovens „Egmont“-Ouvertüre unter Leitung des Chefdirigent Tugan Sokhiev. Bei Chopins 1. Klavierkonzert rückt die Tontechnik den Solisten dann ganz in den Vordergrund. Was großartig ist, denn diesem Pianisten möchte man so nahe kommen wie möglich: Jan Lisieckis atmosphärisch dichtes Spiel ist eine Offenbarung, selbst, wenn es über den Lautsprecher-Umweg ans Hörerohr dringt.
Hector Berlioz in freilufttauglicher Fassung
Lediglich bei Richard Strauss’ „Heldenleben“ stößt die Übertragungsanlage dann doch an ihre Grenzen, vermag nicht genug Klarheit ins Stimmengeflecht der Partitur zu bringen. Sokhiev und seine Musiker scheinen das schon geahnt zu haben, und schieben darum als exklusive BER-Zugabe noch den Rákóczi-Marsch nach, in Hector Berlioz’ freilufttauglicher Fassung.