Oranienstraße: Der Ballermann ist weit weg
Eigentlich hatte man gedacht, die Oranienstraße sei inzwischen der Ballermann von Berlin – oder zumindest von Kreuzberg (es gibt ja schließlich noch die Oranienburgerstraße, für die älteren Mallorca-Fans, sowie die Schlesische Straße und die Kastanienallee, für die jüngeren Mallorca-Fans). Es reicht schon ein Besuch des Bateau Ivre direkt am Heinrichplatz, um festzustellen, dass dem nicht so und Mallorca immer noch weit ist.
Eigentlich hatte man gedacht, die Oranienstraße sei inzwischen der Ballermann von Berlin – oder zumindest von Kreuzberg (es gibt ja schließlich noch die Oranienburgerstraße, für die älteren Mallorca-Fans, sowie die Schlesische Straße und die Kastanienallee, für die jüngeren Mallorca-Fans). Es reicht schon ein Besuch des Bateau Ivre direkt am Heinrichplatz, um festzustellen, dass dem nicht so und Mallorca immer noch weit ist.
Das Bateau Ivre ist ja überhaupt so eine Art Leuchtturm hier, genauso wie die viel älteren Läden Rote Harfe (auf der anderen Heinrichplatz-Seite), Franken (nebenan) und natürlich das SO 36 (direkt gegenüber). Hier tummeln sich alte Kreuzberger und junges Multikulti-Szenevolk genauso wie Touristengruppen, und der Laden erinnert mal an eine Bahnhofshalle, mal an eine Göttinger Studentenkneipe, was seinem rau-sympathischen Charme aber nichts anhaben kann. Draußen spucken die direkt vor dem Bateau Ivre haltenden Busse immer wieder neue Passanten aus, meist sind das Einheimische, also Kreuzberger, und an den Ampeln stehen und röhren die tiefergelegten Opels und die sportlich aussehenden, aber älteren Mercedes-Modelle, darin die türkischstämmigen Jungmänner. Alles wirkt lebendig, ungekünstelt und urban.
Wenn dann im SO 36, wie vor gut zwei Wochen, ausgerechnet eine Uralt-Punkband wie die Misfits auftritt, ist gar alles wie früher, fast wie zu Vorwendezeiten: Im Franken sitzen die Misfits-Fans und trinken Bier, auch aus der Dose, und vor dem SO 36 herrscht Andrang, manche sind in dunkler Punk-Kluft gekommen, manche nur in T-Shirt und Jeans.
Als das Konzert zu Ende ist, kommt der gute Sixten rüber ins Bateau Ivre, allerdings in einem Black-Flag-T-Shirt, und erzählt uns Literaturkritikern, wie das Konzert war und warum die Misfits eine seiner Lieblingsbands sind. Wir schauen erstaunt (wer waren noch einmal die Misfits?), haben aber sogleich die eine oder andere Epiphanie: War das nicht gerade Yvonne Ducksworth, die da vorbeigelaufen ist? Und dort, ist das nicht Alexander Hacke? Oder hier, der Typ, sieht der nicht aus wie der junge Kippenberger?
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