Suhrkamp: Der Abgrund ist nahe
Nach dem neuerlichen Triumph von Hans Barlach vor Gericht ist die Existenz des Suhrkamp Verlages gefährdeter denn je.
Der Machtkampf beim Suhrkamp Verlag hat nicht nur einen hohen Unterhaltungswert, sondern er ist auch an Absurdität kaum zu überbieten. Knapp 2,2 Millionen Euro muss der Verlag nach einem am Dienstag gesprochenen Urteil des Frankfurter Landgerichts an eine der beiden Gesellschafterinnen des Verlags zahlen, nämlich Hans Barlachs Medienholding AG, die als Minderheitengesellschafterin 39 Prozent hält (siehe Tsp, 21. 3.). Die Summe ergibt sich aus dem Bilanzgewinn des Jahres 2010, aus dem Verkauf des Verlagsarchivs und des Frankfurter Verlagsgebäudes.
Eigentlich liegt der Gedanke nahe, dass das Geld trotzdem gewissermaßen im Verlag verbleibt. Dem dürfte aber kaum so sein. Gut vorstellbar ist, dass Hans Barlach das Geld dafür verwendet, um die bisherigen und kommenden Prozesse zu finanzieren, die er und seine Medienholding gegen die Mehrheitsgesellschafterin des Verlages, die Siegfried und Ulla Familienstiftung, führen. Nun muss der Suhrkamp Verlag, also seine durch ein anderes Gerichtsurteil formal schon abgesetzte, bis zu dem in diesem Fall anstehenden Berufungsprozess aber noch amtierende Geschäftsführung sowie die Familienstiftung 2,2 Millionen Euro von irgendwoher aufbringen, um nicht zuletzt weiterhin vor Gericht bekämpft werden zu können. Kurzum: Die eine, die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz, versucht den Verlag mit, wie es scheint, juristisch nicht korrekten Mitteln zu erhalten. Manchmal fragt man sich, wie gut sie eigentlich juristisch beraten ist. Und der andere, Hans Barlach, pocht auf sein Recht und auf Gewinnausschüttungsbeteiligungen als Minderheitengesellschafter, bekommt dieses und schädigt gleichzeitig den Verlag. Wenn das nicht absurd ist!
Zumal Barlach nach diesem neuerlichen Triumph vor Gericht (wenngleich die Familienstiftung in Berufung geht und das Urteil noch nicht rechtskräftig ist) sogleich angekündigt hat, für den Fortlauf der Meditationsgespräche nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Und auch den Autoren, die ihn wie Peter Handke und Rainald Goetz durchaus böse beschimpft haben, hat er den Kampf angesagt. Sie gehörten „aus dem Verlag geschmissen“, zitieren ihn die „FAZ“ und die „SZ“ unisono.
Das alles lässt nichts Gutes für den Verlag erwarten, sind doch die streitenden Parteien in einem anderen, gleichfalls in Frankfurt laufenden Prozess aufgefordert worden, sich außergerichtlich zu einigen. In diesem Prozess, der Ende September fortgesetzt, womöglich mit einem Urteil beendet wird, geht es um die jeweiligen Ausschlussklagen der Gesellschafter sowie um den Antrag Barlachs, den Verlag aufzulösen. Das Ende des Suhrkamp Verlags, wie wir ihn kennen, rückt näher.