Kultur: Das Massaker von Nanjing – eine Fußnote? Japan und China streiten um ein Schulbuch
Es war eines der schlimmsten Massaker in der Geschichte Asiens. Im Winter 1937 marschierten japanische Armeeverbände den Jangtse-Fluss stromaufwärts in die damalige chinesische Hauptstadt Nanjing.
Es war eines der schlimmsten Massaker in der Geschichte Asiens. Im Winter 1937 marschierten japanische Armeeverbände den Jangtse-Fluss stromaufwärts in die damalige chinesische Hauptstadt Nanjing. Zwischen 100000 und 300000 Zivilisten wurden in einem sechs Wochen dauernden Blutrausch von der Armee ermordet. Die Soldaten vergewaltigten 80000 Frauen und Mädchen.
In der neuen Auflage eines Schulbuchs des japanischen Verlags Fuso-sha ist das Massaker von Nanjing kaum mehr als eine Fußnote. Opferzahlen lernen die Schüler nicht. Auch andere Militärverbrechen werden verharmlost: die Kolonialisierung Koreas oder die Angriffskriege auf die Nachbarländer. „Japans Siege in den ersten Kriegsphasen ehrten den Traum und die Courage für Unabhängigkeit in den südostasiatischen Ländern“, heißt es in dem Buch. Zusammen mit sieben weiteren von der Regierung freigegebenen Geschichtsbüchern steht das Buch im Mittelpunkt eines Streits, der nicht von ungefähr an den türkischen Streit um den Völkermord an den Armeniern erinnert. Zehntausende Chinesen demonstrierten unter anderem vor der japanischen Botschaft in Peking und verbrannten japanische Flaggen. Ähnlich wütende Demos gab es in Korea, das von 1910 bis 1945 unter japanischer Kolonialherrschaft litt.
Der Streit um Japans Schulbücher ist nicht neu. Schon 2001, als die erste Auflage des Bandes erschien, protestierten Peking und Seoul offiziell bei der Regierung in Tokio. Und auch in Japan ist das Geschichtsbuch umstritten. „Da wird versucht, die Wahrheit über die Invasionen zu verwässern“, urteilt Geschichtsprofessor Kentaro Awaya von der Rikkyo-Universität. Die meisten der traditionell linken japanischen Lehrer lehnen das Fuso-sha-Buch deshalb ab. Medien berichten, die erste Auflage werde nur von 0,01 Prozent der Schulen verwendet.
Hinter dem Buch steht die „Japanische Gesellschaft zur Reform der Geschichtsbücher“, eine rechtsextreme, einflussreiche Bewegung mit Tausenden von Mitgliedern. Deren Gründer versuchen seit 1997, reaktionäres Gedankengut in den Lehrplänen zu verankern, die schulische Beschäftigung mit Kriegsverbrechen kritisieren sie als „masochistisch“. Leitmotiv für den Unterricht solle stattdessen die „Liebe zur Geschichte unseres Landes sein“, so der Vizevorsitzende und Autor des Buchs, Nobukatsu Fujioka.
Tokios Regierung versteckt sich nun hinter Gesetzen. Die Veröffentlichung belegt „ die Freiheit der Meinung und Veröffentlichung“, erklärte der japanische Botschafter in China, Koreshige Anami. 124 Korrekturen habe der Verlag vor der Freigabe Anfang April durch die Behörden vornehmen müssen. Den Kritikern ging dies nicht weit genug. Sie werfen auch Ministerpräsident Junichiro Koizumi die Verharmlosung der Kriegsvergangenheit vor. Seit seinem Amtsantritt hatte Koizumi mehrmals dem Yasukuni-Schrein besucht, in dem auch Japans Kriegsverbrecher verehrt werden.
Harald Maass
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