Konzerthausorchester: Crescendissimo
Osmo Vänskä dirigiert das Konzerthausorchester und beeindruckt mit orchestraler Virtuosität.
Die ganze Ambivalenz der zur Sowjetzeit entstandenen russischen Musik zeigt sich in einem so faszinierenden wie irritierenden Konzert, in dem der Finne Osmo Vänskä das Konzerthausorchester dirigiert. Der Abend beginnt mit Alfred Schnittkes Konzert für Klavier und Streichorchester. Schreckliche Musik – oder soll in ihr das Schreckliche zum Ausdruck gebracht werden? Mit postmoderner Unverbindlichkeit hat Schnittkes „Polystilistik“ jedenfalls nichts zu tun: Dissonanzen werden in C-Dur-Akkorde hineingehämmert, aus dem 18. Jahrhundert ausgeborgte Begleitfloskeln ins Unheimliche verzerrt, Streicherchöre treten als stampfende Kollektive in Erscheinung. Das wirkt wie Bekenntnismusik ohne Subjekt. Danach wirken Schostakowitschs Konzert für Klavier, Trompete (grandios: Gábor Boldoczki) und Streichorchester geradezu leichgewichtig. Man hört deutlich, dass Schostakowitschs antibourgeoise Frechheit hoch im Kurs stand, bevor Stalin den Komponisten zum Schmerzensmann und ausgebeuteten Staatskünstler degradierte.
Vertrautheit mit dem russischen Repertoire
Solist in beiden Werken ist der weißrussische Pianist Denys Proshayev, der Schnittke mit bewegendem Ernst und Schostakowitsch mit unaufdringlicher Virtuosität interpretiert. Vänskä und das Konzerthausorchester sekundieren aufmerksam und präzise. Bei Sergej Prokofjews fünfter Symphonie setzt Vänskä mit ausladender und ungeschmeidiger Gestik ganz auf die Entfesselung des Klangs, weniger auf die Doppelbödigkeit des Werks, in dem Eleganz und Brutalität unvermittelt nebeneinanderstehen. Nahezu jedes Crescendo wird ins Fortissimo getrieben, im Bläsersatz lässt sich kaum zwischen Haupt- und Nebensachen unterscheiden. Als Demonstration orchestraler Virtuosität aber beeindruckt die Aufführung durchaus; auch zeigt sich wieder die Vertrautheit mit dem russischen Repertoire, die das Konzerthausorchester seit den Tagen Kurt Sanderlings auszeichnet.
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