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Vatermilch: Eine Szene aus dem prämierten Werk, von dem bislang erst einige Seiten fertig gezeichnet sind.
© Uli Oesterle

Berthold-Leibinger-Stiftung: Comicbuchpreis für Uli Oesterle

Der Gewinner des Comicbuchpreises steht fest. Und es gibt neun weitere Sieger: Das Preisgeld wurde aufgestockt, insgesamt zehn prämierte Einsendungen werden diesmal belohnt.

Die höchst dotierte deutsche Comic-Auszeichnung geht in diesem Jahr an den in München lebenden Autor und Zeichner Uli Oesterle für seine autobiografisch geprägte Comic-Erzählung "Vatermilch". Das teilte die Berthold-Leibinger-Stiftung, die den "Comicbuchpreis" ausgelobt hat, am Montag mit. Der mit 15.000 Euro datierte Comicbuchpreis "wird jährlich in Stuttgart für einen hervorragenden, unveröffentlichten, deutschsprachigen Comic vergeben, dessen Fertigstellung absehbar ist", heißt es in der Ausschreibung. "Die Bewerbungsarbeit soll bis zur Preisverleihung als Ganzes nicht publiziert sein und den Umfang für einen Band haben."

Vatermilch erzählt von Vätern, die verschwinden und von Söhnen, die zu unzuverlässigen Vätern werden, zeigt Lebenswege, die ins Dunkle führen, und andere, die einen unerwarteten Neuanfang erlauben. Das Thema ist schwer und universell, Uli Oesterle geht es vielschichtig, sehr persönlich und mit einer erfrischenden Leichtigkeit in der Bilderzählung an,“ begründet Brigitte Helbling die Entscheidung der achtköpfigen Jury. „Die Geschichte spielt in München und zielt auf Weltformat, die eingereichten Materialien zeigen das Projekt an einem Punkt, wo eine Fertigstellung greifbar wird. Die Jury vergibt den Comicbuchpreis 2016 in großem Zutrauen an ein Unterfangen, das unsere Neugier gerade auch in seinem stilistisch/narrativen Aufbruchswillen geweckt hat.“  

Oesterle, 1966 in Karlsruhe geboren und heute mit seiner Frau und zwei Kindern in München lebend, hat seine Bewerbungsarbeit als fiktive Biografie seines Vaters und als eine Geschichte über Wiedergutmachung verfasst, wie es in der Jury-Mitteilung heißt. Sein Vater verließ die Familie in den 1970er Jahren, als Oesterle sieben Jahre alt war. Während der dreißigjährigen Abwesenheit seines Vaters gab es viele Spekulationen über dessen Verbleib, niemand konnte aber mit Bestimmtheit sagen, wo er sich aufhielt. Gerüchten zufolge war er lange ohne festen Wohnsitz.

Erst nach seinem Tod erfuhr der Künstler von der schweren Krankheit seines Vaters, dem Korsakow-Syndrom, das vor allem langjährige Alkoholiker trifft. Die großen Lücken in der Vita des Vaters füllte Oesterle mit erfundenen Ereignissen, dazu recherchierte er im Obdachlosenmilieu Münchens. "Oesterle ist es ein Anliegen, das schwere Thema in seinem grafischen Roman Vatermilch unterhaltsam und nicht ohne Humor zu erzählen." Vatermilch wird wahrscheinlich in zwei Bänden 2018 und 2019 erscheinen. Oesterle ist einer größeren Leserschaft vor allem durch die lange Comicerzählung "Hector Umbra" bekannt, hier geht es zu einer Tagesspiegel-Rezension des Bandes.

Der Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung wird am 25. April 2016 an Uli Oesterle verliehen.

Beginnend mit dem laufenden Zyklus werden auch die Finalisten eine finanzielle Anerkennung in Höhe von 1000 Euro von der Berthold Leibinger Stiftung erhalten. Die neun ausgezeichneten Finalisten sind:

Max Baitinger mit "Röhner"

Neele Bunjes mit "Nepenthes"

Sheree Domingo mit "Wie im Paradies"

Franziska Ruflair mit "Ein Tag ohne Gestern"

Eric Schneider mit "XES"

Simon Schwartz mit "IKON"

Burcu Türker mit "Süße Zitronen"

James Turek mit "Das Shangri-La Motel"

Maria Ignacia Vollenweider mit "Fußnoten"

Die Preisverleihung mit Ausstellungseröffnung zu Vatermilch von Uli Oesterle findet am Montag, den 25. April 2016, im Literaturhaus Stuttgart statt. Anschließend wandert die Ausstellung an weitere Standorte.

Im vergangenen Jahr war die in Hamburg lebende Zeichnerin Birgit Weyhe mit dem Comicbuchpreis ausgezeichnet worden, mehr über ihr Projekt "Madgermanes" hier.

Die Jury besteht aus folgenden Comic-, Kunst- und Literaturexperten: Andreas Platthaus (FAZ, Frankfurt), Vorsitzender der Jury; David Basler (Edition Moderne, Zürich); Prof. Dr. Frank Druffner (Kulturstiftung der Länder); Dr. Brigitte Helbling (Hamburg); Dr. Florian Höllerer (Leiter Literarisches Colloquium Berlin); Dr. Stefanie Stegmann (Leiterin Literaturhaus Stuttgart); Dr. Thomas von Steinaecker (Augsburg); Lars von Törne (Tagesspiegel, Berlin). (Tsp)

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