Berliner Philharmoniker: Bruckner, monumental und intim
Unter Leitung von Herbert Blomstedt spielen die Berliner Philharmoniker Bruckners prächtige achte Symphonie.
Leicht und sicher ist sein Gang. Wenn der 87-jährige Herbert Blomstedt das Podium der Philharmonie betritt, um Anton Bruckners prächtige achte Symphonie zu dirigieren, begegnet er der gespannten Erwartung im Saal mit einer Aura von Selbstverständlichkeit. Diese Ausstrahlung steht für Sicherheit und Freude auf das Konzert, für dankbare Empfindung gegenüber dem Orchester.
Es sind die Berliner Philharmoniker, deren angesehener Gast der schwedisch-amerikanische Dirigent Blomstedt seit Jahrzehnten und zunehmend häufig ist. Auch das Deutsche Symphonie-Orchester vertraut sich ihm gern an und erwartet ihn erneut im Mai. Im vergangenen Jahr hatte er mit den beiden Orchestern konzertiert. Die monumentale Achte steht im Mittelpunkt seines Lebensthemas Bruckner, und wie sie ihm zum Besitz geworden ist, konnte 2011 das DSO erfahren. Nun sind die Philharmoniker an der Reihe, und die Musiker aller Gruppen und Soli bereiten dem Maestro ein Fest. Er steht das Werk, mit fast eineinhalb Stunden (in der Fassung von Robert Haas) die längste Symphonie des Komponisten, physisch scheinbar ohne Anstrengung durch. Klar disponierend in den langen Steigerungen eignet seinem Dirigieren nichts Didaktisches, nichts Schwitzendes.
Das Trio bezaubert: Herbert Blomstedt ist vor allem Melodiker
Die Grundstimmung des Kopfsatzes hat man „todunglücklich“ genannt, dieses c-Moll mit der „Totenuhr“ (Bruckner). Bei Blomstedt aber wird Bruckner nie als Mystiker zelebriert, und selbst die insistierenden Wiederholungen des punktierten Rhythmus durch Hörner und Trompeten in der Coda, dann Pause, dann stille Seufzer sind ihm reine Musik. Vom eigensinnigen Rhythmus des Scherzos umgeben, bezaubert das langsame Trio, weil Blomstedt vor allem Melodiker ist, und drei Harfen umspielen die dirigentisch umhegten Kantilenen. In den ersten Violinen, angeführt von Daniel Stabrawa, erblüht das Hauptthema des Adagios, nachdem Blomstedt ruhigen Einsatz gegeben hat. Bewundernswert, wie viel Intimität er im Monumentalen aufspürt, auch dass eine seiner erfüllten Generalpausen zu ungewöhnlich strahlendem Pianissimo der Streicher überleitet. Wie er im Finale pochende Rhythmen abphrasiert, um langsamer zu werden für ein neues Thema – alles ist große Melodie, fließend, Konzentration, bis sich alle Themen türmen: bei Herbert Blomstedt kein Rausch à la Wagner, sondern liedhafte Struktur.
Sein Wesen gegenüber den Zuhörern und Musikern, die ihn gemeinsam feiern, ist herzliche Höflichkeit.
Sybill Mahlke