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Die Sängerin Britney Spears bei einem Konzert ihrer "Peace of Me"-Welttournee.
© Chiang Ying-Ying/AP/dpa

Berlin-Konzert der Sängerin: Britney Spears lädt zur nostalgischen Pop-Party

Fast wie früher: Britney Spears kommt mit ihrer Las-Vegas-Show nach Berlin und versetzt die begeisterten Fans zurück in ihre Jugend.

Es war einmal, vor langer, langer Zeit, ein Star namens Britney Spears. Sie selbst war noch fast ein Kind, als „Baby One More Time“ erschien, das erfolgreichste Debütalbum einer Künstlerin aller Zeiten. Bei ihren Auftritten versprühte sie eine solch unbändige Energie, dass jedem klar war: hier steht ein Superstar auf der Bühne. So sang und tanzte Britney Spears sich in die Herzen von Millionen von Teenies.

Diese Teenies sind inzwischen erwachsen geworden. Etwa 14 000 von ihnen haben sich am Montagabend in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena versammelt, um das Idol ihrer Jugend zu feiern. Den Gesang gibt es dabei nach wie vor vom Band – eine große Sängerin war Spears nie. Und irgendwann, irgendwo ist auch die magische Ausstrahlung von damals verloren gegangen. Die Britney von heute präsentiert abgehackte Bewegungen, einen leicht gequälten Gesichtsausdruck und alle paar Sekunden einen nervösen Griff ins Haar, um den ewig locker sitzenden Pferdeschwanz zu richten.

Ihren Fans ist das egal. Das Konzert würde wohl auch ganz ohne die heute 36-jährige Sängerin selbst funktionieren. Präsentiert wird die abgespeckte Version der „Piece of Me“-Show, mit der Spears fast fünf Jahre lang regelmäßig in Las Vegas auftrat. Ein Best-Of ihrer Karriere, ein gemeinsames Schwelgen in zwanzig Jahren Popgeschichte. Viele Fans haben sich passend dazu in alte Outfits von Spears geschmissen, allen voran der Schulmädchen-Look aus dem „Baby One More Time“-Video. Nostalgie ist das Gefühl des Abends.

Erinnerungen an bessere Zeiten

Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung beginnt die Show, in der Zwischenzeit läuft auf den Bildschirmen Werbung für Spears‘ neustes Parfum. Los geht es passenderweise mit der Kapitalismus-Hymne „Work Bitch“ (You want a hot body? / You want a Bugatti? / You want a Maserati? / You better work bitch). Gekleidet im schwarzen Glitzerfummel schüttelt Spears ihre blonde Mähne zu den EDM-Beats, im Hintergrund eine riesige Videoleinwand. Der Auftritt ist stinknormale Arbeit, das sieht man ihr an. Während andere ins Büro gehen, steht Britney eben allabendlich auf der Bühne.

Schmerzhaft deutlich wird der Kontrast zur „alten“ Britney, wenn sich die Show explizit auf die Vergangenheit bezieht. Zu „Me Against The Music“ fahren ihre Tänzer Wände auf die Bühne, die das gemeinsame Video mit Madonna nachstellen, in dem die beiden in einer Art Labyrinth tanzten. Bestimmte Posen erinnern an legendäre Auftritte von einst, eine Stuhlchoreografie an ihr „Stronger“-Video. Nur eben alles nicht mehr ganz so gut, nicht mehr ganz so präzise wie früher.

Zwischendurch stellt sich Langeweile ein

Dennoch überwiegt bei den meisten die Freude, dass Britney nach neun Jahren überhaupt noch einmal den Weg nach Berlin gefunden hat. Jedes Mal, wenn Spears nicht nur Arme, sondern auch ihre Beine beim Tanzen bewegt, jubelt ihr die Masse aufmunternd zu und auch das dritte „It’s Britney, Bitch“ des Abends wird frenetisch gefeiert. In einem der leichtherzigsten Momente der Show führt Spears als Dank einen begeisterten Fan an einer Hundeleine über die Bühne. Ansonsten beschränkt sich ihre Interaktion mit dem Publikum auf ein lauwarmes „What’s up, Berlin?“. Bei ihrem vorherigen Konzert in Brighton sorgte Spears noch mit der Frage, wo sie eigentlich sei, für Lacher.

Es bleibt der Wunsch nach einem Moment der Nähe mit Britney allein. Doch Balladen wie das zarte „Everytime“ wurden aus dem Programm gestrichen. Stattdessen geht es weiter mit der seelenlosen Aerobic-Musik ihrer späten Alben, so dass sich trotz eindrücklicher Bemühungen der zahlreichen Tänzerinnen und Tänzer zwischendurch Langeweile einstellt.

Britney Spears schuldet uns nichts

Ein Meta-Moment kommt nach „Piece of Me“, in dem Spears ihre komplizierte Beziehung mit Regenbogenpresse und Paparazzi besingt. Hier sieht die Choreographie so aus, als würde die Sängerin in Ohnmacht fallen– ein Verweis auf die dunkelste Zeit ihrer Karriere? 2008 endeten Jahre öffentlicher Exzesse mit einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie. Seitdem ist Spears entmündigt, bis heute verwaltet ihr Vater das riesige Vermögen des Popstars.  

Angesichts der damaligen Verletzung ihrer Privatsphäre – Bilder von Britney Spears ohne Unterwäsche oder festgeschnallt im Krankenwagen gingen um die Welt – ist es kaum verwunderlich, dass Spears nur mehr ein Programm abspult. Die Sängerin ist gekommen, um ihre Fans für anderthalb Stunden in ihre Jugend zurückzuversetzen, nicht mehr und nicht weniger. Sie schuldet uns nichts.

Am Ende der Show gibt sie dann trotzdem nochmal alles und präsentiert mit „Toxic“, „Stronger“ und „(You Drive Me) Crazy“ drei der stärksten Songs ihrer Karriere, die längst zu Pop-Klassikern geworden sind. Nach der Zugabe „Till The World Ends“, bei der kiloweise Glitzer-Konfetti in die Luft geblasen werden, gehen alle zufrieden nach Hause. Der Star von einst ist nicht mehr da. Die Erinnerung an ihn wird ewig leben.

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