„Schämt Euch!“ ruft Peter Greenaway zum Auftakt seinen Zuhörern im vollbesetzten Audimax der Humboldt-Universität zu: „Ihr habt ein Filmfestival in Berlin, doch statt im Kino zu sein, hockt ihr hier.“ Dabei genießt der Mann im eleganten schwarzen Anzug sichtbar seinen gut zweistündigen Auftritt zum Thema „Cinema Is Dead, Long Live Cinema“. Völlig frei doziert der britische Regisseur provokant und humorvoll über das Kino der Zukunft. „111 Jahre liegen hinter uns, aber wirkliches Kino haben wir noch nicht gesehen, alles Bisherige war nur Prolog“, so Greenaway.
Er will kein narratives Kino mehr, keine Geschichten und nicht zu viele Emotionen. Greenaway will Bilder. Nur könnten die meisten Menschen nicht mit Bildern umgehen. „Wörter und Texte machen uns keine Probleme, aber Bilder zu verstehen haben die wenigsten gelernt“, erklärt Greenaway. Nur sind Bilder bei ihm kein Abbild der Wirklichkeit. Er wolle wie Picasso nicht das zeigen, was er sieht, sondern das aufnehmen, was er denkt: „Das Kino ist nicht das Fenster zur Welt.“ Wohl eher ein greller Scheinwerfer im Kopf des Regisseurs. Und dort dreht sich im Moment alles um Interaktivität, Mehrdimensionalität und vor allem um virtuelle Welten. Er wolle Filme für das Heimkino machen, so Greenaway, Filme, die sich über Nacht verändern. „Mit der digitalen Technik ist das alles möglich“ – Greenaway als Cyborg.
Seinen eigenen Ansprüchen wird der Regisseur dabei nicht immer gerecht. Denn die als Beispiel gezeigten Auszüge aus „The Tulse Luper Suitcases“ und „Nightwatch“ (nach Rembrandts „Nachtwache“) wirken eher wie Grafikanimationen aus dem Atari-Zeitalter. Greenaways Vortrag war der Abschluss der Vorlesungsreihe „Ikonologie der Gegenwart“. Am Ende blieb seine Erkenntnis, dass das Kino zwar tot sei, „aber das Bildhafte weiterlebt“.
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