Mitsuko Uchida im Konzerthaus Berlin: Bleibt höflich!
Die Star-Pianistin Mitsuko Uchida und das Mahler Chamber Orchestra spielen Bartók und Mozart im Berliner Konzerthaus. Ein bezaubernder Abend.
Das Einfachste ist das Schwerste, es sagt sich so leicht. Mitsuko Uchida spielt als Zugabe das Andante aus Mozarts „Sonate facile“ KV 545 und die fast kindliche Melodie zu simplem Alberti-Bass zieht das Publikum im ausverkauften Berliner Konzerthaus in Bann. Bescheidenheit einer Meisterin, Demut vor dem Werk: Die Innigkeit, mit der die britische Pianistin die schlichten Töne vorträgt, offenbart nicht nur den Kosmos eines ganzen Musikerinnenlebens, sondern auch Mozarts utopisches Potential – das Wissen um die Vergeblichkeit des Glücks.
Mitsuko Uchida tourt als Artistic Partner mit dem Mahler Chamber Orchestra durch Japan und durch Europa: das Mozart-Bartók-Programm dirigiert sie vom Flügel aus. Eine prima inter pares in dem einst von Abbado angeregten „nomadischen Kollektiv“ (MCO-Eigenwerbung) mit gut 40 Musikern aus 20 Ländern, das ohne öffentliche Förderung auskommt. Sie alle gehen behutsam zu Werke, phrasieren höchst elegant, leisten sich feine Rubati und markante Zäsuren, ohne je ruppig zu werden.
Eine Aufforderung zur gelassenen Annäherung
Man kann Mozart energischer anpacken, unerbittlicher, verbindlicher. Aber an diesem Abend funkeln die Klavierkonzerte G-Dur (KV 453) und das prunkvollere in C-Dur (KV 503) wie Kleinode der Zivilität. Die Heiterkeit der volkstümelnden Melodien, die trancehaft-sphärische,ja auch harmonische Entrückung in den Mittelsätzen, das Zwiegespräch der Solistin mit den vorzüglichen Holzbläsern, die Vitalität der Finalsätze – das Mahler Chamber Orchestra veredelt es auf denkbar natürliche Weise. Keine Aufforderung zum ausgelassenen Tanz, sondern zur gelassenen Annäherung. Bleibt höflich, zeigt Respekt – in rauen Zeiten wie diesen eine politische Ansage. Und Uchida krümmt dirigierend die Finger, als wolle sie die Musik auf Händen tragen.
Selbst Bartóks Divertimento für Streichorchester kippt mit all seinen synkopisch durchsetzten Tutti-Schlägen, den repetitiven Echofiguren und insistierenden, sich chromatisch hochschraubenden Motiven nie in den Schrei. Eine wilde Mischung mit menschlichem Maß, ein bezaubernder Abend.
Christiane Peitz