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Die US-amerikanische Entertainerin Gayle Tufts.
© Kai-Uwe Heinrich

Gayle Tufts als "Superwoman": Bitte rette mich!

Stark: Gayle Tufts neue Show „Superwoman“ im Tipi. Es geht um weibliche Heldinnen, aber auch Pokémon Go und Ernährungsweisheiten finden Erwähnung - alles im bewährten Denglisch.

Warum gibt es eigentlich so wenig Superheldinnen? Comics sind halt auch nicht besser. Das Milieu wird von einer Jungsriege dominiert. Und kreuzt doch mal eine auf, siehe Catwoman, ist sie gleich eine Schurkin. Bitte ändern, denkt sich da die wackere Gayle Tufts, und nennt ihre neue Show im Tipi am Kanzleramt „Superwoman“. Fliegen kann sie doch sowieso, oder sie konnte es, vor ein paar Jahren: „Aber nicht mit Easyjet. Sondern mit LSD Air!“ Apropos bewusstseinserweiternde Mittel: wozu eigentlich der ganze Hype um Pokémon Go? „Dinge zu sehen, die nicht wirklich da sind? Das haben wir früher ganz anders gelöst.“

Ja, inzwischen ist die US-Entertainerin, die seit stolzen 25 Jahren in Berlin lebt, auch schon 56. Und so ist ihre Show weniger eine Huldigung ans weibliche Geschlecht – dass Frauen bessere Politik machen würden, ist sowieso ein Mythos, sieht man ja an Margaret Thatcher, Marine Le Pen oder Frauke Petry – sondern als eigentherapeutische Maßnahme, mit der sie sich Mut zuspricht. Völlig unnötig: Tufts ist so knuddelig und liebevoll wie eh und je. Begleitet von Marian Lux am Klavier, der die meisten Lieder geschrieben hat, von zwei Tänzern sowie dem Percussionisten Martin Krause vom Filmorchester Babelsberg, nudelt sie sich in bewährtem Denglisch durch den Abend. Retten wir die Welt, sie braucht es! Enorm war die Freude nach dem Mauerfall – enorm naiv. „Looking for Freedom? Wie konnten wir jemals glauben, dass etwas gelingt, was mit einem Soundtrack von David Hasselhoff beginnt?“

Tufts kriegt die Leute immer

Die Superwoman-Thematik gerät Tufts zeitweise etwas aus dem Blick, was sie durch ein wunderbares Kartoffelkostüm wettmacht – Feuer frei für das weite Feld moderner Ernährungsweisheiten. Zu den Heldinnen kehren wir aber zurück, wenn Tufts ihre späte Liebe zur Quittengelée machenden deutschen Oma gesteht. Gegen Ende hin verschmilzt sie fast mit ihrem Publikum, wird zur Pointenkanone, vergisst auch mal ein Lied („200 Jahre im Showbiz, und dann das“) – völlig egal. Mit diesem entwaffnend herzlichen Smoothielächeln, das mit einer Riesenportion Trost und Geborgenheit lockt, kriegt Gayle Tufts die Leute immer.

Tipi am Kanzleramt, bis 13. Oktober, Di-Sa 20 Uhr, So 10 Uhr, nicht am 27. und 29.9 sowie am 1., 11. und 12. Oktober

Udo Badelt

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