Dokumentationen im Berlinale Panorama: Bitte nicht lächeln!
Zwei Dokumentationen im Berlinale Panorama huldigen die Fotografen Robert Mapplethorpe und Robert Frank.
Die Parole ist simpel: „Look at the pictures!“ Sie stammt vom republikanischen Senator Jesse Helms, der einst eine Ausstellung mit Fotos von Robert Mapplethorpe schließen lassen wollte. Ein Blick auf diese Bilder, glaubte der Politiker, würde genügen, um zu erkennen, wie sündhaft und abstoßend sie seien. Doch durchgesetzt hat sich die Erkenntnis, dass Mapplethorpe, der 1989 mit 42 Jahren an den Folgen einer Aids-Erkrankung starb, ein großer Künstler und leidenschaftlicher Erforscher der Condicio humana war. Von der kaputten Ästhetik seiner Anfänge, bei denen er selbst als Sadomaso-Model diente, schwang er sich auf zum Höhenkamm eines späten Klassizismus. Sein „Man in Polyester Suit“, Porträt eines Afroamerikaners mit aus der Designerhose hängendem Penis, wurde für 390 000 Dollar versteigert.
Der Dokumentarfilm „Mapplethorpe: Look at the Pictures“, den Randy Barbato und Fenton Bailey für den Fernsehsender HBO gedreht haben, wirft einen genauen Blick auf dieses Leben. „Er machte immer verrückte Sachen, plötzlich hatte er ein grün bemaltes Gesicht“, erzählt Mapplethorpes Schwester. Gloria von Thurn und Taxis, die sich von ihm porträtieren ließ, nennt ihn „getrieben“. Der Vorstadtödnis von New Jersey entfloh er nach New York, wo er sich mit Patti Smith, der einzigen Geliebten seines Lebens, im Chelsea Hotel einquartierte. Er muss überaus ehrgeizig gewesen sein, stürzte sich genauso in die Vergnügungen der Darkrooms wie ins Businessgetümmel des Kunstmarktes. Toll ist, wenn ein ehemaliger Lover sagt: „Ich bin kein Model mehr. Ich bin ein Objekt.“ Aber im Film überwiegt der weihevolle Ton der Kuratoren, die Mapplethorpes Abzüge mit Schutzhandschuhen anfassen. Der Versuch, einen hingebungsvollen Sünder heiligzusprechen, ist zum Scheitern verurteilt.
Bilder über den Charakter des Menschen
Die Augen scharf stellen. Dafür sorgen, dass nicht gelächelt wird. Das sind Robert Franks Ratschläge für das Gelingen eines Porträts. Laura Israels Dokumentation „Don’t Blink – Robert Frank“ kann sie nicht befolgen, denn der Fotograf, heute 91, lacht häufig. Der Sohn jüdischer Emigranten aus Frankfurt, der in Zürich aufwuchs und seit 1948 in New York lebt, ist ein manchmal mürrischer, oft quecksilbriger Erzähler. In den Szenen, in denen die Crew mit Frank im Auto durch New York und dessen Zweitwohnsitz Vermont kreuzt, erreicht der Film fast die Intensität seiner berühmten Reisereportage „The Americans“. Doch dann biegt er ab zu einer handelsüblichen Lebenschronologie. „Ich wollte immer Bilder machen, die etwas über den Charakter der Menschen mitteilen“, sagt Robert Frank. „Don’t Blink“ schafft das beinahe.
Mapplethorpe: 15.2., 14.30 Uhr (Cinestar 7); 16.2., 14.30 Uhr (Colosseum); 20.2., 22.30 Uhr (Cinestar 7). Don’t Blink: 15.2., 12 Uhr (Cinestar 7); 16.2., 17.30 Uhr (Cubix 7); 19.2., 20 Uhr (Cinestar 7)