Kultur: Bismarck und Wilhelm II.: Der erste Kanzler, der letzte Kaiser
Dass die Entlassung Bismarcks durch Wilhelm II. im Frühjahr 1890 als Zäsur zu verstehen ist, darüber waren sich der Gesellschaftshistoriker Hans Ulrich Wehler und sein historisch argumentierender Kollege Thomas Nipperdey einig.
Dass die Entlassung Bismarcks durch Wilhelm II. im Frühjahr 1890 als Zäsur zu verstehen ist, darüber waren sich der Gesellschaftshistoriker Hans Ulrich Wehler und sein historisch argumentierender Kollege Thomas Nipperdey einig. Der Frankfurter Historiker Lothar Gall, bekannt als Verfasser einer umfangreichen Bismarck-Biografie, hat in dem aus einem Symposium hervorgegangenen Band sieben Beiträge zusammengestellt, die jene Feststellung vom epochalen Charakter des Übergangs mit einem Fragezeichen versehen.
Die Torheiten der Männer
Bezüglich der Außenpolitik Bismarcks betont Klaus Hildebrand den "bevorzugten Zweck" des ersten Reichskanzlers. Ihm sei primär daran gelegen gewesen, den "casus belli zu bannen". Dass es seinen Nachfolgern nicht gelang, dieses "internationale Vertrauenskapital" zu erhalten, ist, laut Volker Ullrich, vor allem den "Torheiten der Männer" an der Staatsspitze anzulasten. Aus dieser auf die handelnden Personen und ihre außenpolitischen Handlungsmaximen beschränkten Sichtweise zeigt sich der Wechsel zwischen beiden Politikrichtungen besonders deutlich.
Gall beantwortet die Frage aus einer mehr innenpolitischen Perspektive. So sei trotz aller Unterschiede zwischen beiden Epochen das Verbindende in einer "weiterhin starren politischen Ordnung" zu sehen. Damit "relativieren sich die Unterschiede zwischen dem letzten Kaiser und dem ersten Kanzler".
Bei näherer Betrachtung der außenpolitischen Veränderungen nach 1890 stellt sich indes bei einigen Beiträgen auch eine andere Frage: Macht es Sinn, die Frage nach der Zäsur allein am Handeln der "großen Männer" zu untersuchen?
Der Übergang von Bismarck zu Wilhelm II. bietet sich auf den ersten Blick für eine solche Diskussion an. Vor allem wird das Jahr 1890 gesellschaftshistorisch als "Rubikon zur modernen Industriegesellschaft" (Gall) interpretiert. Denn niemand wird ernsthaft bestreiten wollen, wie sehr zwischen 1885 und 1900 die Industrialisierung als "Schubverstärker" im Kaiserreich gewirkt hat, ohne jedoch die Demarkationslinie zur politischen Veränderung zu überschreiten.
Oliver Schmidt
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität