Klassik und Literatur unter freiem Himmel: Berliner Symphoniker feiern Neustart an der Parkbühne Wuhlheide
Am 13. September beginnen die Berliner Symphoniker ihre neue Spielzeit. Neben Konzerten finden auch Lesungen mit Daniel Brühl und Ulrich Tukur statt.
Was für die Berliner Philharmoniker die Waldbühne ist, könnte die Wuhlheide für die Berliner Symphoniker werden. Seit über drei Jahrzehnten veranstaltet das Spitzenorchester der Hauptstadt seinen Saisonabschluss im gigantischen Halbrund beim Olympiastadion, während die Symphoniker am 13. September nun erstmalig in Oberschöneweide unter freiem Himmel spielen werden – als Start in die neue, außergewöhnliche Spielzeit. Wenn es gelingt, fast 5000 Zuschauer mit einem populären Beethoven-Programm in die Wuhlheide zu locken, dann ließe sich damit vielleicht ebenfalls eine Tradition begründen.
Normalerweise treten die Berliner Symphoniker am Kulturforum auf, im Großen Saal der Philharmonie und im Kammermusiksaal. Doch unter den aktuellen Vorgaben des Senats sind dort so wenige Zuschauer zugelassen, dass sich Konzerte für das Orchester nicht rechnen. Denn es wird nur minimal vom Staat gefördert und muss den allergrößten Teil seines Etats über die Eintrittskarten generieren.
Intendantin Sabine Völker hat darum den Sommer durchgearbeitet, um alternative Spielstätten zu finden, in denen die Symphoniker bis zum Jahresende kostendeckend auftreten können. Neben dem Neustart in der Parkbühne Wuhlheide wird das Hotel Estrel Schauplatz von drei Abonnementkonzerte sein: In einem der riesigen Konferenzsäle finden die beliebten Sonntagsnachmittagskonzerte für die ganze Familie statt.
„Erst wurde es still um uns und dann auch in uns“, mit diesen Worten hat eine Musikerin des Orchesters die psychische Belastungen beschrieben, die sie in der Lockdown-Zeit erlebte. Davon war Sabine Völker sehr bewegt. Umso mehr freut sich die Intendantin darüber, dass es ihr gelungen ist, eine Förderung aus dem Hilfsfonds der Kulturstaatsministerin für freie Ensembles zu erhalten.
114 350 Euro hat sie zur Verfügung für eine Konzertreihe, die Musik und Literatur verbindet. „Damit kann ich meinen Künstlerinnen und Künstlern endlich einmal so gute Honorare zahlen, wie die Deutsche Orchestervereinigung das empfiehlt“, betont Völker.
Literatur und Klassik werden miteinander verbunden
Daniel Brühl wird aus Carlos Ruiz Zafons „Der Schatten des Windes“ lesen, Ulrich Tukur bringt seine eigenen Erzählungsband „Die Seerose im Speisesaal“ mit. „Zuerst haben wir die Texte ausgesucht, dann die Orte, an denen wir spielen werden – und schließlich die passende Musik dazu“, sagt die Intendantin.
Für einen Abend zum Thema Natur beispielsweise bot sich Maja Lundes Roman „Die Geschichte des Wassers“ an. Der Aspekt der Ökologie legte die UFA-Fabrik als Veranstaltungsort nahe. Dazu erklingen Kompositionen von Joseph Haydn und Edward Grieg. Weitere Konzerte für jeweils 50 bis 150 Gäste finden in der Gedächtniskirche, der Kulturscheune Britz, der Villa Elisabeth und im Silent Green statt.
[Weitere Infos zum Programm unter www.berliner-symphoniker.de]
Hansjörg Schellenberger, der langjährige Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, der mittlerweile eine Zweitkarriere als Dirigent macht, wird die literarisch-musikalischen Soireen leiten. Die Bedingungen, unter denen die Berliner Symphoniker Musik machen, erinnern den Musiker an die Anfänge der Berliner Philharmoniker, hat Hansjörg Schellenberger Sabine Völker erzählt.
1882 hat das heute so berühmte Orchester als Truppe von Freiberuflern angefangen, die sich auf eigene Faust in der hart umkämpften Klassikszene des Kaiserreiches durchschlagen musste.