Was machen wir heute?: Beinahe Jeff Bridges treffen
Was wollen wir Neuberliner? Ausgehen natürlich, das Leben nicht versäumen, beherzt den Puls der Hauptstadt ertasten.
Was wollen wir Neuberliner? Ausgehen natürlich, das Leben nicht versäumen, beherzt den Puls der Hauptstadt ertasten. Doch wo soll man hingreifen, wenn es überall zu pulsen scheint? So sehr, dass schon das wöchentliche Studium des börsenkursähnlich enggedruckten Kinoprogramms den Schweiß treibt? Neukölln, Prenzlauer Berg, Potsdamer Platz! Da wo vielleicht gerade Jeff Bridges über den Teppich eilt? Sympathischer Kerl, dieser fabelhafte „Baker Boy“ und „Dude“, das denkt man seit langem. Man könnte ihn jetzt in echt sehen und ihm zuwinken – doch andererseits: Ist das eines Neuhauptstädters würdig? Eher nein.
Bei Fragen dieser Art kann man sich übrigens nicht auf die Unterstützung der Altberliner verlassen. „Bloß nicht“ sagten A. und U., als ich neulich mit der „Zitty“ wedelnd vor ihnen stand. „Du hast das Metropolenprinzip nicht verstanden: Damit eine Stadt wie Berlin ihre Magie entfalten kann, bleibst du am besten zu Hause – und genießt das Gefühl, was du alles erleben könntest, aber nicht musst.“
Das ist weise. Das wirkliche Leben ist sowieso eine Enttäuschung, fast immer. Eigenartigerweise ist der Berlin-Neuling in diesem Punkt resistent – und besteht auf Vollzug. Erfahrungswert Nummer zwei: Die Altberliner kommen dann doch mit. Mit dem Bus schuckelten wir durch die regenschwarze Schöneberger Nacht und landeten im Kino. Der Film spielt in London und handelt von unglücklichen Menschen; sie trinken zu viel, aus Angst das Leben zu versäumen. Eine Angst, die die Neuberlinerin gut kennt. Außerdem gibt es in dem Film noch ein älteres Paar, das seit vielen Jahren glücklich ist und sich um all die verlorenen Seelen kümmert.
Sagt das etwas über Berlin? Anstrengend sind in diesem Film jedenfalls alle, besonders unerträglich aber die zwei Glücklichen. Cheerleading für Jeff Bridges wäre vielleicht auch eine gut Wahl gewesen. Kirsten Wenzel
„Another Year“ von Mike Leigh: noch in vielen Kinos. Der sowieso beste Film mit Jeff Bridges, „The Big Lebowski“: in der Videothek.
Kirsten Wenzel
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