Preis für Anne Imhof: Auf dem Sprung
Nach langem Ringen: Anne Imhof erhält den Preis der Nationalgalerie.
Dann kommt endlich der große Moment, und Iris Berben tritt im Hamburger Bahnhof ans Mikro. Mit kleinem, maliziösen Unterton kündigt die Schauspielerin und Vorsitzende der Filmakademie an: „And the winner is....“, um den Halbsatz dann doch auf Deutsch zu wiederholen und den Sieger zu nennen. Wow, die Verleihung des Preises der Nationalgalerie für junge Kunst ist wirklich ganz großes Kino. Anne Imhof bekommt die Trophäe, ein Multiple von Joseph Beuys, die „Intuitionskiste“. Strahlen über beide Ohren. Ihren Dank spricht die gebürtige Gießenerin mit Wohnsitz in Frankfurt und Paris in perfektem Englisch aus, very international.
Eine gute Wahl, die Jury hat vorher vier Stunden lang darum gerauft, wie Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann in seiner Rede verrät. Die Preisträgerin macht mit dieser Anerkennung einen gewaltigen Schritt voran. In den Startlöchern für eine große Karriere steht sie ohnehin, nach Einzelausstellungen am PS1 in New York und im Frankfurter Portikus. Erst vor drei Jahren hat sie ihren Abschluss an der Städelschule gemacht, einen Katalog gibt es noch nicht. Also wirklich ein junges Talent. Am späten Abend, weit nach 22 Uhr, darf das Publikum endlich ihre Arbeit kennenlernen, genauer: erleben. Es wird in einen schummrigen Raum gelassen, Buttermilch schwappt in Betonbecken. An der Decke: schwarze Boxsäcke, die sachte schwingen. Langsam bewegt sich eine Schar Performer zwischen dem Arrangement. Ein rätselhaftes Schauspiel, um diese Zeit wirkt es eher sedierend.
Man müsste mehr zu sehen bekommen. Das wird, im nächsten Jahr. Dann erhält die 37-Jährige eine Ausstellung in einem der Häuser der Nationalgalerie, darin besteht der ursprünglich mit 50 000 Euro dotierte Preis. Das sei doch viel mehr wert als ein Geldsegen, betont auch Thomas Girst für den Sponsor BMW. 15 Jahre gibt es mittlerweile die vom Verein der Freunde der Nationalgalerie vergebene Anerkennung, die seitdem diverse Modifikationen erfahren hat. Neben der Umwidmung des Preisgeldes in eine Leistung ist der Förderpreis für Filmkunst (10 000 Euro) als Ergänzung hinzugekommen. Ihn erhält Bastian Günther für seinen Beitrag „California City“.
Womit der alle zwei Jahre verliehene Preis der Nationalgalerie tatsächlich beim Kino angelangt ist. Er selbst hätte das Zeug zur Filmfigur, vom Aschenbrödel zur Prinzessin. Ins Leben gerufen durch das Sammler-Ehepaar Rolf und Erika Hoffmann, um die damaligen Berührungsängste zwischen Nationalgalerie und jüngster Kunst abzubauen, wurde er anfangs noch als Abklatsch des Turner-Preises belächelt. Das hat sich mit den je vier Nominierten, die unter 40 Jahre alt sein müssen und gegeneinander in einer Ausstellung antreten, innerhalb kurzer Zeit gelegt. Von den 28 Kandidaten ist keiner in der Versenkung verschwunden, für die meisten ging es danach erst richtig los, ob sie nun den Preis gewannen oder nicht.
Hatte die Jury eine richtige Nase oder waren die Künstler ohnehin auf dem Sprung? Im Nachhinein lässt sich das kaum sagen. Tacita Dean, Christian Jankowski, Olafur Eliasson, Katharina Grosse, Elmgreen & Dragset, Daniel Richter, um nur einige der ersten Jahrgänge zu nennen, gehören zum Who is Who der aktuellen Kunst. Das strahlt auch auf die Institution zurück. Der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst gilt heute als bedeutendste Anerkennung in der deutschen Museumslandschaft.
Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50-51, bis 17. Januar; Di/Mi/Fr 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr
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