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Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck) und Flash (Ezra Miller, v. li.) warten auf Superman für die letzte Schlacht.
© Warner

Superheldenfilm "Justice League": Atemlos durch die Macht

Wonder Woman und Batman mobilisieren die „Justice League“ und fordern Marvel heraus.

Es ist eine symptomatische Szene für diese Helden-Truppe. „Okay, hört mir mal ’ne Minute zu“, ruft Green Lantern seinen Mitstreitern mitten im Kampf gegen eine außerirdische Bedrohung zu. „Eine Minute ist echt lang“, antwortet der ultraschnelle Flash. Entgegnung seiner Teamkollegen: „Gut, ’ne Sekunde.“

Der Dialog stammt aus der 2011 gestarteten Neuerzählung der 60er-Jahre-Comicreihe „Justice League“ durch Geoff Johns und Jim Lee. Sie ist eine der Grundlagen der gleichnamigen Verfilmung, mit der Marvel-Konkurrent DC jetzt auch seine Figuren in einem „Universum“ zusammenführt. In Zack Snyders „Justice League“ haben die Hauptfiguren ebenfalls keine Zeit zu verlieren. Von der ersten Szene an geht es darum, die Welt vor übermenschlichen Invasoren vom Planeten Apokolips zu verteidigen.

Superhelden beim Speed-Dating

Und so gönnen Snyder und sein Drehbuchautor Joss Whedon dem Publikum – wie schon im konfusen „Suicide Squad“ – etwa so viel Annäherungszeit an ihre Figuren wie beim Speed-Dating. Nach einer hastigen Einführung von Aquaman, Cyborg und Flash werden Batman, Wonder Woman und Co. mitten in einen apokalyptischen Action-Plot geworfen. Die Spannungskurve steigt in den folgenden zwei Stunden dann nur noch graduell.

Dabei merkt man „Justice League“ streckenweise etwas zu deutlich an, dass das Studio Warner die Fehler der Vorgängerfilme um die DC-Helden vermeiden wollte. Dafür hat man sich einige bewährte Zutaten bei Marvel geliehen. Dort hat Showrunner Kevin Feige mit den Avengers um Spider-Man, Iron Man, Hulk, Black Widow und Thor gezeigt, wie man epische Action mit Charakterentwicklung, hintersinnigem Humor und Selbstironie verknüpft.

So scheint der pathetisch-pessimistische Grundton von „Dawn of Justice“ nur noch ansatzweise durch, auch wenn der Plot unmittelbar an das Celebrity-Deathmatch zwischen Batman und Superman anknüpft. Die erste DC-Zusammenführung endete vergangenes Jahr mit Supermans Tod – aus dramaturgischer Sicht ein Geschenk. Denn Supermans Stärke ist auch seine Schwäche: Wenn ein Außerirdischer sogar den Lauf der Erde umkehren kann, wie reizvoll ist es dann noch, ihn in die für Helden-Action dieser Art üblichen Faustkämpfe zu schicken?

Frischer Wind vom roten Blitz

Zumindest in der ersten Hälfte bemühen sich die verbleibenden Helden redlich, die Machtergreifung des neuen Supervillain Steppenwolf mit vereinten Kräften zu stoppen. Etwas frischen Wind bringt Ezra Miller als The Flash ins Ensemble. Dass die Auftritte des roten Blitzes oft in Zeitlupe gefilmt sind, gehört auch zu den visuell ansprechenderen Elementen des Films, wenngleich man den Trick schon aus Snyders digitalem Historienepos „300“ (immerhin auch schon elf Jahre alt) kennt. The Flash ist als nerdiger Novize für die wenigen selbstironischen Witzchen zuständig, die den jüngsten Superhelden-Filmen eine gewisse Leichtigkeit verleihen – auch wenn seine Sprüche nur halb so gut sind wie die, die zuletzt Whedon für Spider-Man oder Iron Man geschrieben hat. Wie überhaupt die meisten Dialoge selbst im Vergleich mit der Comic-Vorlage arg schlicht ausfallen.

Joss Whedon ist wohl auch der Grund, dass sich wenigstens etwas von diesem Witz in „Justice League“ wiederfindet. Der nicht gerade für seine Selbstironie bekannte Zack Snyder musste das Projekt wegen eines tragischen Todesfalls in seiner Familie im Frühjahr kurz vor Fertigstellung an den „Avengers“-Regisseur von der Marvel-Konkurrenz abgeben.

Die anderen Neulinge, die Batman und Wonder Woman für die Abwehrschlacht rekrutieren, bleiben dennoch eindimensional. Jason Momoa als Aquaman bietet mit seiner kunstvoll tätowierten Muskelmasse zwar Eye Candy, wenn er etwa zu einem Jack-White-Song durchs Wasser pflügt. Doch wieweit hinter der Macho-Maske des Unterwasserkönigs auch ein menschlicher Kern steckt, lässt sich nur erahnen, als Wonder Woman einmal unbemerkt ihr Wahrheitslasso einsetzt. „Das war wunderschön“, entgegnet sie schnippisch auf seine innerlichen Bekenntnisse. Erschwerend kommt hinzu, dass die Unterwasserszenen mit einer Computergrafik aufwarten, die für ein 300-Millionen-Dollar-Projekt überraschend rückständig aussieht.

Wonder Woman spielt die Männer an die Wand

Auch zu dem Mensch-Maschine-Superhelden Cyborg (Ray Fisher) bekommt man trotz seiner tragischen Backstory keinen wirklichen Zugang. Bei Wonder Woman fällt die Atemlosigkeit weniger ins Gewicht, da man gerade erst im Sommer Gelegenheit hatte, Gal Gadots Qualitäten als leichtbeschürzte Amazone in einem eigenständigen Film kennen- und schätzen zu lernen. Sie spielt auch in „Justice League“ ihre männlichen Kollegen locker an die Wand.

Ansonsten bleiben sich die Figuren in Sachen Ironiefreiheit treu, das gilt insbesondere für Henry Cavill als Superman, dessen Tod natürlich nicht von Dauer ist. Seine Wiedergeburt rettet den Plot allerdings auch nicht. „Justice League“ nimmt eigentlich erst wirklich Fahrt auf, als sich das bewährte Team vereint Steppenwolf und seiner Horde fliegender Dämonen entgegenstellt. Steppenwolf, den Ciarán Hinds mit fast shakespearscher Intensität spielt, will drei magische Kisten suchen, die die Aquarianer, die Amazonen und die Menschen in grauer Vorzeit vor den Mächten des Bösen versteckt haben. Befinden sie sich in einer Hand, verleihen das ihrem Besitzer ungeahnte Macht.

Teures Prestige-Objekt

Man spürt in „Justice League“ den Zeitdruck, den DC seinem prestigeträchtigen Superhelden-Projekt auferlegt. Der Film steht am Anfang einer Fusion diverser Erzählstränge, vergleichbar dem „Marvel Cinematic Universe“. Demnächst sollen weitere DC-Figuren wie Green Lantern das Team verstärken. Doch noch fehlt die Chemie. Das Dilemma auf den Punkt bringt in „Justice League“ Cyborg, der mit seinen neu erworbenen Superkräften anfänglich noch fremdelt: „Ich kann auf alles zugreifen, aber ich kann es nicht zusammenbringen.“

In 21 Berliner Kinos. OV: Cineplex Neukölln Arcaden, CineStar Potsdamer Platz, Kinowelt Colosseum

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