Kultur: Am liebsten beim Rotwein
Paolo Conte in der Philharmonie
Der Mann ist einfach lässig. Wie er so dasteht in seinem grauen, etwas knittrigen Anzug, an den schwarzen Flügel gelehnt, und mit einer einfachen Handbewegung den Applaus wegwischt. Genau so schüttelt er später einen Song nach dem anderen aus dem Handgelenk. Paolo Conte, 72 (ist er eigentlich jemals jung gewesen?), ist mit seinem neuen Album „Psiche“ (Seele) in die Berliner Philharmonie gekommen. Das Haus ist voll besetzt, und die Mehrheit seiner Fans gleicht dem Sänger – schon leicht ergraut. Der italienische Meister aus dem Piemont ist nicht allein gekommen. Umringt von seinen acht Musikern in schwarzen Anzügen und Fliege, die im Laufe des Abends von einem Instrument zum anderen wechseln: Gitarre, Kontrabass, Schlagzeug, Saxofone und Klarinetten, Oboe, Akkordeon, ein Marimbafon und eine Geige. Und natürlich das Kazoo, diese kleine Tröte aus Blech, die Paolo Conte ab und zu aus seiner Anzugtasche zieht, während er am Klavier sitzt, immer in leichter Schieflage, und seine Füße den Takt in den Boden treten.
Seine Stimme knarzt dazu gewohnt wunderbar, und ab und zu schleudert er seine „zazazazas“ so rund heraus, als könne man sie sogleich mit den Händen auffangen. Aber er guckt ihnen nicht nach. Kein Wort ans Publikum. Er spielt für sich und mit seinen Musikern. Wie mit dem schmalen, bärtigen Geiger, der neben ihm wie eine an Fäden gezogene Marionette in die Luft springt und fiedelt, was das Zeug hält. Die neuen Songs erinnern an die Alten. Nur dass noch mehr Stile dazugekommen sind. Mal klingt es nach Südamerika, mal nach französischem Chanson, dann wieder kommt Klezmer durch und immer wieder Jazz.
Das Publikum ist dessen ungeachtet dankbar für jeden alten Hit, „Genova per noi“, „Via con me“, „Max“. Paolo Conte ist ein Klassiker, von dem man nicht zu viel Neues hören will. Und eigentlich auch lieber bei einem Glas Rotwein als in einem Konzertsaal. So sagt es dann auch eine Dame beim Hinausgehen zu ihrer Begleitung: „Ach, der Paolo Conte, der ist toll, aber auch immer ein wenig distanziert.“ Johanna Lühr
Johanna Lühr
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