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Mia Wasikowska als Alice und Johnny Depp als verrückter Hutmacher in "Alice im Wunderland 2: Hinter den Spiegeln".
© Peter Mountain/Disney Enterprises, Inc./dpa

Im Kino: "Hinter den Spiegeln": Alice im Kampf gegen die Zeit

Wunderland, zum zweiten: „Hinter den Spiegeln“ mit Mia Wasikowska als selbstbewusste Alice und Sacha Baron Cohen als exzentrische Allegorie der Zeit.

Seltsam, dass dieser Film erst jetzt kommt. Sein Vorgänger war ein von Disney am Reißbrett geplanter, jedes Risiko meidender Hollywood-Hit. „Alice im Wunderland“ war 2010 der erste familientaugliche Blockbuster, der die im Vorjahr mit „Avatar“ mainstreamtauglich gewordene 3-D-Technik nutzte. Aus dem Kinderbuchklassiker von Lewis Carroll wurden die bekannten Figuren übernommen und einer konventionellen Fantasy-Handlung mit überlangen Actionsequenzen unterworfen. Inszeniert wurde das Ganze von Tim Burton, der für seine fantastischen Welten Kultstatus genießt, diesmal aber ein Konfektionsstück ablieferte.

Der Film spielte weltweit über eine Milliarde Dollar ein und rangiert unter den 25 erfolgreichsten Produktionen aller Zeiten. Kaum vorstellbar, dass die Produzenten nicht bereits einen Fortsetzungsplan, wenn nicht gar ein Drehbuch in der Schublade hatten, zumal Carroll selbst seinem populären Kinderbuch nach sechs Jahren „Alice hinter den Spiegeln“ folgen ließ. Dieselbe Spanne liegt nun zwischen den beiden „Alice“-Filmen. Ein unternehmerisches Risiko: Mit jedem Jahr verblasst der Ruhm des Erfolgsfilms, altert das Zielpublikum, ist das Darstellerensemble schwerer wieder zusammenzubekommen.

Alice Kingsleigh, Seefahrerin

Andererseits: Das Publikum hat nicht gerade auf die Fortsetzung gewartet, genauso wenig, wie es den „Avatar“-Sequels entgegenfiebert. Warum also nicht warten, bis Alice Kingsleigh (Mia Wasikowska) glaubwürdig im Erwachsenenalter angekommen ist? Anstatt Kind, wie im Buch, oder Jugendliche, wie im Vorgängerfilm, ist die Protagonistin jetzt handelsreisende Seefahrerin in vertragsrechtlichen Schwierigkeiten, sie tritt entsprechend kompetent und selbstbewusst auf.

Der Film entfernt sich damit noch einen beträchtlichen Schritt weiter von der Buchvorlage. Doch nicht an Carroll, sondern an Burton muss sich „Hinter den Spiegeln“ messen lassen – und da schneidet er hervorragend ab. Dabei stammt die Handlung erneut aus dem Fantasy-Baukasten für Anfänger: Alice reist in der Zeit zurück, um die Familie des verrückten Hutmachers (Johnny Depp) zu retten. Dass die Umsetzung diesmal originell und unterhaltsam ausfällt, liegt nicht zuletzt an Sacha Baron Cohen, dessen Figur, eine Allegorie der Zeit, so exzentrisch ist wie die besten seiner sonstigen Geschöpfe.

Da passt es gut, dass Regisseur James Bobin ein alter „Ali G“-Veteran ist und seit den Neunzigern immer wieder mit Baron Cohen zusammengearbeitet hat. Er ersetzt die vage Abgründigkeit von Tim Burton (diesmal ist er Produzent) durch zündende Pointen, klare Charakterzeichnungen und einige atemberaubende Bilder. Zudem hat die Filmtechnik sich merklich weiterentwickelt. Wo „Alice im Wunderland“ dunkel, diffus und trotz 3-D seltsam flach aussah, ist „Hinter den Spiegeln“ visuell brillant. Wer hätte gedacht, dass das „Wunderland“-Franchise eine so unterhaltsame, vergnügliche Fortsetzung hervorbringt.

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