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Mit Glück und Grips: Eine Seite aus dem besprochenen Band.
© Finix

Dieter Lumpen: Abenteurer wider willen

Finix veröffentlicht Serien, die andere Verlage abgebrochen haben. Mit der opulenten Gesamtausgabe der 80er-Jahre-Serie „Dieter Lumpen“ haben die Herausgeber sich selbst übertroffen.

Ein klassischer Held ist Dieter Lumpen nicht, er sucht nicht das Abenteuer. Vielmehr lässt er sich irgendwann in den 1920er Jahren, die nicht umsonst die Roaring Twenties genannt wurden, durch diese Welt treiben. Das Abenteuer findet ihn. Lässig und ein wenig melancholisch beobachtet Lumpen, immer elegant gekleidet, mit Errol-Flynn-Bärtchen, die Ereignisse. Wenn er in sie involviert wird, hat er nur ein Ziel: da schnell wieder rauszukommen. Für das post-frankistische Spanien der 1980er Jahre war so eine Comic-Serie, die sich jeder Ideologie – außer dem Zynismus –, jeder Weltdeutung verweigert, sehr typisch.

Parallelen zu Hugo Pratts „Corto Maltese“

Dabei ist die vom Argentinier Jorge Zentner geschriebene und vom Spanier Rubén Pellejero gezeichnete und jetzt neu aufgelegte Serie recht übersichtlich: acht Kurzgeschichten, drei albenlange Erzählungen, das war’s. Die letzte Story in der Gesamtausgabe ist 20 Jahre alt und eine deutsche Erstveröffentlichung. Spielten die Abenteuer anfangs ausschließlich in Südamerika, so sprang Dieter Lumpen später auf der ganzen Welt herum: rund ums Mittelmeer, Brasilien, China, die Karibik. Im argentinischen Spanisch steht „Lumpen“ für einen Außenseiter, der sich mit Glück und Grips aus ausweglosen Situationen rauswindet. Wobei die Nicht-Definition der Hauptfigur – der Leser erfährt nur sehr wenig über Dieter Lumpen selber – programmatisch ist.

„Action is character“, befand schon F. Scott Fitzgerald, Zentner und Pellejero halten sich an die alte Regel, sie predigen nicht, sondern wollen ihre Geschichte zeigen. Der Vergleich mit Hugo Pratts Kultcomic „Corto Maltese“ liegt nahe, nicht nur weil Dieter Lumpen inhaltlich ähnliche Wege geht, sondern auch weil Pellejero sich über die Jahre zu einem „artist’s artist“ entwickelt hat, der von Kollegen wie Tim Sale („Batman – Long Halloween“) für seine kunstvolle Farbgebung und Schattierung hochgelobt wurde.

Besser als die Originalausgabe: das Cover der deutschen Gesamtausgabe.
Besser als die Originalausgabe: das Cover der deutschen Gesamtausgabe.
© Finix

Die eigentlichen Helden sind in diesem Fall jedoch die Verleger der deutschen Gesamtausgabe: Der Verlag Finix hat sich auf Serien spezialisiert, die andere Verlage abgebrochen haben. Mit diesem Programm haben sie schon für einige überraschende Veröffentlichungen gesorgt. Mit der großformatigen, fast zwei Kilo schweren „Dieter Lumpen“-Gesamtausgabe jedoch haben sie sich selbst übertroffen: neue Scans, Neukolorierung, jede Menge Zusatzmaterial, besserer Druck. Selbst der Zeichner Pellejero musste zugeben, dass die deutsche Ausgabe der spanischen Originalausgabe um Längen voraus ist.

Dieter Lumpen Gesamtausgabe. Text: Jorge Zentner, Zeichnungen: Rubén Pellejero, aus dem Spanischen von Oriol Schreibweis, Finix Comics, 304 Seiten, 39,80 Euro. Eine Leseprobe gibt es hier.

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