The Strokes in der Arena: 53 Minuten
Kompakter Auftritt: The Strokes in der Berliner Arena
Nach 53 Minuten ist schon wieder Schluss. Als Letztes hauen The Strokes „Take It Or Leave it“ raus, eine hetzende Lärmorgie und programmatische Selbsterklärung, sich niemals anzubiedern. Das Saallicht geht an. Keine Zugabe. Und sie wird bei dem einzigen Deutschland-Konzert der New Yorker Band in diesem Jahr auch gar nicht eingefordert. Vielleicht, weil es ohnehin zwecklos wäre. Oder eben viel schöner so. Man fühlt sich im Einklang mit einer grandiosen Verweigerungsgeste. Und, im Ernst: Was für einen Unterschied macht das schon, ob ein Strokes-Auftritt aus 14 oder 24 Songs besteht?
Selten hört man eine Band so energisch durch ihr – nicht eben ausuferndes – Repertoire rasen. Selten gönnen sie sich ein Intro oder ein Gitarrensolo. Vom ersten Ton an sind sie alle da. Bis auf Drummer Fabrizio Moretti, der im Hintergrund wie Keith Moon auf seine Trommeln und Becken endrischt, steht die Band in der Treptower Arena als Viererkette am Bühnenrand, Nikolai Fraiture als Statue seiner selbst und mit unter die Achseln gebundenem Bass, Albert Hammond Jr. wie ein Oberschüler, dessen Lockenmähne unruhig zittert, Nick Valensi apathisch und listig und schließlich Julian Casablancas in der Mitte. Seine Sonnenbrille nimmt er erst mit dem Schlussakkord ab, er trägt eine rot abgesetzte schwarze Uniformjacke und schwarze Handschuhe. Schon im zweiten Jahr seiner Popstar-Karriere geht er also den Weg Mick Jaggers. Der wollte auch immer aussehen wie John Lennon. Casablancas wandelt fahrig und lustlos über die Bühne, wenn er nicht singt, dreht er dem Publikum den Rücken zu. Das macht aber nichts, da er selten nicht singt. Mit einer Stimme, die wie aus einem Gitarrenverstärker quillt, nölt er seine launigen Texte. An Spannungsbögen oder Gesten oder dergleichen Effekthascherei liegt ihm nichts. Muss auch nicht. Der schnörkellose Geradeheraus-Rock der Band ist umwerfend genug. Ob „What Ever Happened“, „Reptilia“ oder „12:51“, besonders ihre neueren Songs sind wuchtige Melodie-Wunder. Beißend-scharf. Empfindlich.
Schließlich lassen sie den rasenden Beat in einem heulenden Inferno rückkoppelnder Gitarren untergehen, Casablancas schlingert mit seinem Mikrofonständer durchs Lichtblitzgewitter, und man denkt noch, ob er das Gestänge wohl in einen Verstärker rammen wird, da wirft er es über ihn hinweg in die Dekoration. So richtig reich und unverschämt sind die fünf New Yorker, die viele für die Rettung des Rock’n’Roll halten, also doch noch nicht.
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