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Der Tagesspiegel-Fragebogen (12): 15 Fragen an - Isabel Kreitz

Wir haben Comicschaffenden je 15 Fragen gestellt - zu ihrer Arbeit, zu ihren Vorbildern und zur Lage der Comic-Nation. Heute: Isabel Kreitz („Haarmann“).

1. Was kommt bei Ihrer Arbeit zuerst: Worte oder Bilder?
Das zu trennen ist schwer! Aber im Ablauf beginnt die Arbeit an einem Comic meist mit der Recherche bzw. Materialsammlung zur Geschichte. Also mit Worten. 

2. Hören Sie beim Zeichnen Musik, und wie beeinflusst Sie das?
Beim letzten Schritt, der Reinzeichnung, höre ich gern Musik. Dann auch gern passendes zum jeweiligen Thema. Bei den Kästner Adaptionen beispielsweise Musik von Mischa Spoliansky, Friedrich Holländer, Rudolf Nelson uva. Das hilft bisweilen, sich in den Bildern mehr zuhause zu fühlen.

3. Was essen und trinken Sie am liebsten bei der Arbeit? 
Ich trinke gern Tee, den ich möglichst weit von meiner Schreibtischoberfläche wegstelle. Es passiert zu oft, dass ich versehentlich meine Tuschepinsel darin auswasche. Das Essen verschiebe ich lieber auf den Feierabend.

4. Angenommen, Ihre Wohnung brennt: Welche Comics würden Sie auf jeden Fall aus Ihrem Regal retten?
Schwer ersetzbar wären meine Chas-Addams-Bände aus den 50er und 60er Jahren...

5. Welche Zeichner/Autoren waren für Ihre eigene Entwicklung die prägendsten?
Comics/Cartoons, die ich schon als Kind in die Hand bekam. Als Jahrgang '67 lagen mir, von den verfügbaren Comics, Winsor McCay, Herge, Manfred Schmidt, Hal Foster und E.P. Jacobs am Herzen. Sehr viel später erst Will Eisner, der wohl am meisten zu meinem Berufswunsch beigetragen hat. Allerdings waren Filme für mich mehr inspirierend, als Comics.

6. Welches Comic-Buch/Heft/Album würden Sie jemandem empfehlen, der sonst eigentlich keine Comics liest?
Es scheint für viele ungeübte Comicleser schwierig zu sein, eine Bild-Textverbindung herzustellen. Daher würde ich zu einer Bildergeschichte ohne Worte raten, etwa Shaun Tans "Ein neues Land". 

Unheimlich. Eine Seite aus Kreitz' aktuellem Buch „Haarmann“.
Unheimlich. Eine Seite aus Kreitz' aktuellem Buch „Haarmann“.
© Illustration: Kreitz/Carlsen

7. Glauben Sie, dass dem Comic die Aufmerksamkeit zuteil wird, die er verdient?
Ich finde es schade, dass die Aufmerksamkeit keine konstante, sondern eine wellenförmige ist. Momentan kann man sich über mangelndes Interesse nicht beklagen. Es wäre wunderbar, wenn ein wenig davon übrig bliebe, sobald die erste Aufregung über die Uraufwärmung der "Graphic Novel" vorbei ist.

8. Welche zeitgenössischen Comiczeichner/innen verdienten mehr Aufmerksamkeit als sie sie im Moment haben?
Aus meiner Bekanntschaft sind eigentlich alle, deren Arbeit ich persönlich mag, auf einem guten Weg...

9. Wenn Sie einen hoch dotierten Preis für das Comic-Lebenswerk zu vergeben hätten, wer würde ihn bekommen?
Da Will Eisner das Geld nicht mehr verbrauchen kann, würde ich es wohl Jean-Claude Mézières zukommen lassen...

10. Wie würden Sie einem Blinden beschreiben, was das Besondere an Ihren Comics ist?
Das würde ich gar nicht erst versuchen. 

11. Woran arbeiten Sie derzeit, wenn Sie nicht gerade Fragebogen ausfüllen?
Ich versuche mich an der dritten Erich-Kästner-Adaption, an einem "Emil & die Detektive" - Comic.

12. Wieso würden Sie einem jungen Menschen raten, Comiczeichner/-autor zu werden – und wieso würden Sie ihm davon abraten?
Ich würde niemandem ab oder zuraten. Er oder sie wird sowieso recht schnell herausfinden, ob die Leidenschaft für diesen Beruf ausreicht.

13. Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre Zeichnungen als gedruckte Bücher in der Hand zu halten? 
So ein Buch auszupacken, das frisch vom Verlag kommt, ist immer ein aufregender Moment. Ist der Druck in Ordnung, wie sieht der Umschlag aus etc. Dann entdeckt man vielleicht die ersten Text oder Bildfehler, die man zuvor übersehen hat und ärgert sich... Und sowieso hätte man es immer NOCH besser machen können. Das Gefühl der Zufriedenheit stellt sich erst allmählich ein.

14. Welche Note hatten Sie im Kunstunterricht?
OK, eine eins. Ich habe mit dieser Note meine Schullaufbahn gerettet und sogar das Doofen-Abitur hingekriegt! (Englisch und Kunst)

15. Was können Sie überhaupt nicht zeichnen?
Tiere und kleine Kinder!  Und ganz besonders: Niedliche Tiere und kleine Kinder!

Isabel Kreitz ist eine der wichtigsten deutschen Comiczeichnerinnen. Nach dem Studium an der Kunsthochschule Hamburg und der Parssons School in New York arbeitete sie zunächst an den „Ottifanten“-Zeitungsstrips mit und begann schließlich mit eigenen Kreationen. 1996 setzte sie Uwe Timms Roman „Die Entdeckung der Currywurst“ als Comic um. Neben Ihren eigenen Geschichten wie „Die Sache mit Sorge“ schuf sie zuletzt Comicdapationen der Erich-Kästner-Werke „Pünktchen und Anton“ und „Der 35. Mai“, für das Isabel Kreitz 2008 mit dem Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet wurde. Ihr aktuelles Buch, „Haarmann“ (Carlsen, 192 Seiten, 19,90 Euro), entstand in Zusammenarbeit mit dem Autor Peer Meeter. Darin erzählen die beiden die Geschichte von Fritz Haarmann, einem der brutalsten Serienmörder Europas, der als Spitzel für die hannoversche Polizei arbeitete.

Die anderen bisher erschienenen Folgen unserer Fragebogen-Serie finden Sie unter diesem Link. 

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