Kultur: 10 Jahre Hauptstadtbeschluss: "Das darf kein Föderalist wollen". Auszüge aus den Reden im Bonner Wasserwerk
Peter Glotz (SPD): "Hundertmal ..
Peter Glotz (SPD): "Hundertmal ... ist von bedeutenden Zeitgenossen gesagt worden, die Entscheidung für Berlin bedeute keinen Zentralisierungsschub, der Föderalismus stehe nicht in Frage. Ich bekenne, dass ich diese Beteuerungen für falsch halte ... Berlin ist schon jetzt eine wunderbare Stadt. Wenn auch noch die Entscheidung und das Zeremoniell der Demokratie von Berlin ausgehen, dann wird die Bedeutung der Landeshauptstädte heruntergedrückt. Das darf kein Föderalist riskieren; das darf kein Föderalist wollen ... Treffen wir heute die politische Entscheidung, dass jenes wunderbare Stück Europa, das wir Deutschland nennen, weiterhin aus der Stadt regiert wird, aus der Konrad-Adenauer die Brücke zum Westen und Willy Brandt die Brücke zum Osten schlug. Bonn ist die Metapher für die zweite deutsche Republik. Bonn muss und soll Regierungs- und Parlamentssitz bleiben."
Gregor Gysi (PDS): "Mein entscheidendes Argument für Berlin ist eigentlich eine Frage nicht nur der nationalen Glaubwürdigkeit, sondern auch der internationalen Glaubwürdigkeit."
Horst Ehmke (SPD): "Ich halte es auch geradezu für aberwitzig, in der kritischen Situation, in der wir heute in Deutschland mit der Krise in den fünf neuen Ländern stehen, einen zehn- bis zwölfjährigen Umzug zu planen, der die Effektivität von Parlament und Regierung schwer beeinträchtigen muss. Ich halte das nicht für vertretbar."
Norbert Blüm (CDU): "Der Nationalstolz, den wir uns wünschen, ist europäisch eingebunden und regional gegliedert. Europäisierung und Regionalisierung, das sind die Pole eines modernen Nationalstaates. Ich frage Sie ...: Passt in eine solche bundesstaatliche Lösung eine alles dominierende Hauptstadt? Ich meine: Nein ... Lasst dem kleinen Bonn Parlament und Regierung!"
Hans-Dietrich Genscher (FDP): "Als Außenminister habe ich mich für Berlin als deutsche Hauptstadt eingesetzt. Ich habe es meinen Gesprächspartnern aus dem Ausland gesagt. Ich habe sie gebeten, als Zeichen ihrer Verbundenheit nach Berlin zu kommen. Ich habe um jeden Zentimeter gerungen, um mehr Bundespräsenz in Berlin zu ermöglichen. Jetzt ist die ganze Bundespräsenz möglich. Dafür möchte ich im Deutschen Bundestag stimmen."
Konrad Weiß (Bündnis 90/Die Grünen): "Berlin ist Zukunft, ist Leben, ist Spannung und Stress, Unruhe und Bewegung. Berlin ist widerspenstig und widersprüchlich und geht grobschlächtig mit den Mächtigen um. Bonn ist das Zimmermädchen der Politik; hier dreht sich alles um die Macht. Berlin dreht sich um sich selbst; es kennt keinen Respekt vor Titel und Namen ... Für Bonn ... spricht viel, aber für Berlin spricht alles."
Wolfgang Schäuble (CDU): "Ich glaube, in den 40 Jahren, in denen wir geteilt waren, hätten die allermeisten von uns auf die Frage, wo denn Parlament und Regierung sitzen werden, wenn wir die Wiedervereinigung haben, die Frage nicht verstanden und gesagt: Selbstverständlich in Berlin ... in Wahrheit geht es um die Zukunft Deutschlands. Das ist die entscheidende Frage. Mit allem Respekt darf ich einmal sagen: Jeder von uns ... ist nicht Abgeordneter seines Wahlkreises ..., sondern wir sind Abgeordnete für das gesamte deutsche Volk. Jeder von uns muss sich dieser Verantwortung bewusst sein, wenn er heute entscheidet ... Deswegen bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie mit mir für Berlin."
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