Krebsregister: Von den Kranken lernen: Anti-Krebs-Gesetz im Kabinett
Jahr für Jahr erkranken mehr Menschen neu an Krebs. Für mehr als 218 000 Menschen endet die Krankheit tödlich. Nun soll ein Gesetz den Weg für Verbesserungen ebnen. Schnell spürbar wird davon nichts sein.
Trotz aller Bemühungen im Kampf gegen Krebs erkranken in Deutschland jedes Jahr mehr Menschen - nun will die Bundesregierung Verbesserungen bei Therapien und Früherkennung ermöglichen. Dazu liegt dem Kabinett am Mittwoch eine Gesetzesvorlage von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor. Der Minister sprach von einem „richtungsweisenden“ Gesetz.
„Mit den vorgelegten Regelungen werden richtungsweisende strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Krebsfrüherkennung und der Qualität in der onkologischen Versorgung auf den Weg gebracht“, sagte Bahr der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Die Schritte seien notwendig, „da Deutschland wie vergleichbare Industrienationen angesichts des demographischen Wandels vor wachsenden Herausforderungen in der Krebsbekämpfung“ stehe. Umfangreicher als bisher sollen die Bundesbürger künftig zur Früherkennung eingeladen werden. Regelmäßig sollen Erinnerungen zu Darm- und Gebärmutterhalskrebs-Untersuchungen ins Haus flattern. Ein entsprechendes Programm gibt es heute nur zur Brustkrebs-Früherkennung.
Zudem sollen die unterschiedlichen klinischen Krebsregister vereinheitlicht werden und Lücken dabei geschlossen werden. Erfasst werden sollen die Daten hunderttausender Patienten zu Diagnose, Behandlung bis zu Nachsorge und Rückfällen. Das Ziel ist es, Therapien zu überprüfen, Verbesserungen zu ermöglichen und die Qualität in weniger erfolgreichen Kliniken zu steigern.
Bereits heute gibt es rund 50 solcher Register in den Ländern, doch eine einheitliche Struktur fehlt. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die Pläne unzureichend. „Die Daten stehen nur Wissenschaftlern und der Politik zur Verfügung, aber nicht der allgemeinen Bevölkerung“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Die Menschen wollen wissen: Wie hoch ist das Krebsrisiko in einer bestimmten Region - etwa in der Nähe einer Chemiefabrik? Wie sind die Ergebnisse in den Kliniken?“ Die Daten müssten der Bevölkerung zeitnah anonymisiert zur Verfügung gestellt werden.
Die Deutsche Krebsgesellschaft nennt die geplante Vereinheitlichung und Ergänzung der bestehenden Register positiv. „Es muss primär darum gehen, dass man die Patientendaten mit einer Bundesbetrachtung auswerten kann“, sagte Generalsekretär Johannes Bruns. „Von vielen lernen ist leichter als von wenigen.“ Gerade bei den Krebsarten mit weniger großen Fallzahlen reichten regionale Register allein nicht aus. „Wenn man schon den Schritt macht, sollte man es auch so machen, dass man aus den großen und den kleinen Datenbeständen etwas lernen kann.“ Diesem Anspruch könne das Gesetz gerecht werden.
Für wissenschaftliche Fortschritte bei den Therapien insgesamt komme es hingegen auf die bundesweite Zusammenführung und Analyse der Daten an. „Ansonsten schlummern solche Daten in den Krankenakten“, sagte Bruns. Erst auf diese Weise sei zum Beispiel erkannt worden, dass bei Brustkrebs nicht unbedingt die Entfernung bestimmter Lymphknoten nötig sei. Schnell kommen die Verbesserungen bei den Daten wohl nicht. Laut Bruns müssen erst die Krankenkassen die Details erarbeiten, dann müssten die Vorgaben umgesetzt werden.
Die Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, Ulrike Elsner, mahnte, bei den Krebsregistern sei Einheitlichkeit zentral. „Es darf kein Wildwuchs entstehen.“ Bruns begrüßte auch die Pläne zur Früherkennung. Zwang solle es dabei nicht geben. „Es geht um eine aufgeklärte Entscheidung.“ Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn regte im Gespräch mit dem Internetportal „Zeit online“ aber ein Anreizsystem an: „In der parlamentarischen Beratung werden wir noch mal darüber sprechen müssen, wie wir den Gang zur Vorsorge und Früherkennung finanziell anreizen können.“ (dpa)