Arztbrief: Schwarzer Hautkrebs
Unser Experte Claas Ulrich leitet das Hauttumorzentrum der Klinik für Dermatologie am Charité Campus Mitte. Die Klinik ist das von den niedergelassenen Hautärzten Berlins für die stationäre Behandlung eines Melanoms am häufigsten empfohlene Krankenhaus (Ärzteumfrage 2015 von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin).
ERLÄRUNG Der schwarze Hautkrebs ist äußerlich oft schwer von einem harmlosen Muttermal zu unterscheiden. Aber es gibt Verdachtsmomente: Verändert sich ein Muttermal zum Beispiel sehr schnell, so kann das ein Hinweis sein, dass es sich um einen schwarzen Hautkrebs handelt. Der bösartige Tumor geht von den pigmentbildenden Zellen in der Haut aus. Das maligne Melanom, so der Fachbegriff, gehört zu den gefährlichsten Krebsarten, da er schon sehr früh - ab einer Eindringtiefe von einem halben Millimeter - Tochtergeschwulste, sogenannte Metastasen, im ganzen Körper bilden kann.
SYMPTOME Melanome zeigen sich meist als schwarze Flecken. „Es zeigen sich neue Hautflecken, die sich in ihrer Größe oder ihrem Pigment oft rasch verändern, jucken oder bluten können“, sagt Claas Ulrich, Leiter des Hauttumorzentrums am Charité Campus Mitte. Melanome können flach auf der Haut liegen, sie können aber auch über die Hautoberfläche hinausragen oder aber stark knotig sein.
Die sogenannte ABCDE-Regel kann helfen, ein malignes Melanom von einem harmlosen Muttermal zu unterscheiden. Wenn mindestens einer dieser Punkte zutrifft, sollte man einen Hautarzt hinzuziehen:
A steht für Asymmetrie: Der Fleck hat eine unregelmäßige, asymmetrische Form.
B steht für Begrenzung: Der Hautfleck hat zackige, verwaschene oder raue Ränder, die in die gesunden Hautareale ausstrahlen.
C steht für Colour (engl. „Farbe“): Der Leberfleck hat unterschiedliche Färbungen oder gleichzeitig hellere und dunklere Bereiche.
D steht für Durchmesser: An seiner breitesten Stelle ist der Fleck größer als fünf Millimeter.
E steht für Evolution (Veränderung): Hat sich das Muttermal innerhalb des letzten Vierteljahres verändert, kann auch das ein Hinweis auf einen bösartigen Hautkrebs sein.
URSACHEN Hautkrebs entsteht am häufigsten an stark von Sonnenlicht bestrahlten Stellen wie Gesicht, Kopf und Rücken. Schuld ist die damit verbundene starke UV-Bestrahlung. „Besonders häufig sind Menschen betroffen, die viel unter freiem Himmel gearbeitet haben und starker UV-Strahlung ausgesetzt waren“, sagt Ulrich. Auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem neigen zu Hautkrebs. Anders als der helle Hautkrebs findet sich der schwarze Hautkrebs typischerweise auch schon bei Menschen im jüngeren und mittleren Lebensalter. Man sagt, dass die Haut keinen Sonnenbrand vergisst. Besonders dann, wenn man schon in jungen Jahren häufig unter einem Sonnenbrand gelitten hat, kann das später einen Hautkrebs begünstigen. Menschen mit heller Haut sind deshalb besonders gefährdet.
Weitere wichtige Risikofaktoren sind Verwandte mit Hautkrebs, Muttermale und Leberflecken. Menschen mit vielen Muttermalen sind besonders gefährdet, an einem malignen Melanom zu erkranken. Denn jedes dritte Melanom entwickelt sich aus einem bereits vorhandenen Leberfleck. Auch bei größeren angeborenen Muttermalen besteht die Gefahr, dass sie im Laufe des Lebens zu schwarzem Hautkrebs entarten.
In den vergangenen Jahrzehnten registrieren die Ärzte eine wachsende Zahl von Hautkrebspatienten. Experte Ulrich sieht dafür drei Ursachen: „Zum einen ist die hohe Hautkrebsrate dem ungebremsten Bräunungswahn aus den Achtziger- und Neunzigerjahren geschuldet.“ Menschen, die früher regelmäßig ins Solarium gegangen sind oder jeden Sonnenstrahl mitgenommen haben, haben ein höheres Risiko, später an Hautkrebs zu erkranken. „Zum anderen werden die Menschen immer älter. Da das Immunsystem mit dem Alter schwächer wird, erleiden ältere Menschen häufiger Hautkrebs.“ Auch der zunehmende Einsatz von immunschwächenden Medikamenten spiele eine Rolle. Menschen, die unter Autoimmunkrankheiten wie Rheuma leiden oder eine Organtransplantation hinter sich haben, sind aber auf solche Medikamente angewiesen.
DIAGNOSE Um Hautkrebs zu diagnostizieren, untersucht der Arzt den ganzen Körper. Mithilfe eines Auflichtmikroskops kann er in die Haut hineinschauen. Wie durch eine Lupe ist die Pigmentstruktur der Haut dabei größer und besser erkennbar. Der Arzt prüft, ob sich ungewöhnliche Blutgefäße, Entzündungszellen oder ein Tumor in die Haut hineingesetzt haben. Besteht der Verdacht, dass es sich um einen Hautkrebs handelt, wird dieser operativ aus der Haut entfernt und im Labor untersucht. Das ist aber nicht immer nötig. „Mit der konfokalen Lasermikroskopie ist es heute möglich, in die Haut des Patienten hineinzusehen, ohne ihm gleich eine Gewebeprobe zu entnehmen“, sagt Hautkrebsexperte Claas Ulrich. Allerdings seien diese Geräte sehr teuer, daher könne sich nicht jede Klinik ein solches Gerät leisten.
Nach der operativen Entfernung des Tumors bestimmt ein Histopathologe bei einer Gewebeuntersuchung im Labor die Dicke des Tumors. Überschreitet das Melanom eine bestimmte Dicke, hat der Krebs möglicherweise bereits in andere Organen oder Lymphknoten gestreut. Deshalb wird in der Regel zusätzlich der sogenannte Wächterlymphknoten auf Krebszellen untersucht, indem ihm eine Probe entnommen wird. Der Wächterlymphknoten ist der erste Lymphknoten in der Umgebung des Tumors. An ihm müssen Krebszellen auf ihrem Weg zu anderen Organen vorbei. Werden in diesem Lymphknoten bösartige Zellen gefunden, ist das ein Hinweis auf mögliche Metastasen in der Umgebung des Tumors. In diesem Fall werden auch die benachbarten Lymphknoten operativ entfernt. Ist der Wächterlymphknoten hingegen nicht befallen, sind es die nachfolgenden Lymphknoten wahrscheinlich auch nicht. „Auch wenn im Wächterlymphknoten keine Tumorzellen gefunden werden, untersucht der Arzt mithilfe von Ultraschall die lokalen Lymphknoten, um zu prüfen, ob der Krebs gestreut hat“, sagt Ulrich.
THERAPIE Wird Hautkrebs erkannt, bevor sich Tochtergeschwulste bilden konnten, liegt die Heilungschance inzwischen bei fast 100 Prozent. Die befallene Haut wird operativ entfernt und durch gesunde Haut von anderen Körperstellen ersetzt. Dabei schneiden Dermatologen den Tumor samt einem ihn umgebenden Teil gesunder Haut heraus. Sind die Lymphknoten befallen, werden auch diese operativ entfernt. „Meistens schließt sich eine vorbeugende Immuntherapie an, um den Tumor im Frühstadium von weiteren Metastasierungen abzuhalten“, sagt Ulrich.
Ist der Krebs in einem fortgeschrittenen Stadium und hat bereits andere Körperteile befallen, folgt auf die Operation eine Infusionstherapie. Anstatt auf eine allgemeine Chemotherapie, die den gesamten Körper beeinträchtigt, greift Ulrich immer häufiger zu einer individualisierten Therapie. „Die speziellen Eigenschaften des Tumors werden zum Beispiel durch Genanalysen charakterisiert. Die darauf abgestimmte Therapie greift den Tumor gezielt an seinen Schwachstellen an, um ihn zu töten.“
Prävention Die beste Vorsorge ist es, starke Sonneneinstrahlung zu meiden - besonders in der Zeit des höchsten Sonnenstandes zwischen 11 und 15 Uhr. Kinderhaut sollte möglichst wenig direkter Sonne ausgesetzt werden. Die Früherkennung von Hautkrebs durch sogenannte Screenings wird seit 2008 von allen gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Ab 35 Jahren kann man sich alle zwei Jahre kostenlos von einem Haus- oder Hautarzt untersuchen lassen. Ulrich kritisiert, dass bereits vor dem 35. Lebensjahr die Gefahr besteht, Hautkrebs zu bekommen. Deshalb sollte man bereits in jungen Jahren regelmäßig - alle ein bis zwei Jahre - zum Hautarzt gehen, um Muttermale untersuchen zu lassen. Zusätzlich empfiehlt Ulrich Selbstuntersuchungen. In Schulungen könne man gemeinsam mit einem Partner lernen, sich gegenseitig nach auffälligen Muttermalen zu untersuchen.
Beim Sonnenbaden ist die richtige Dosierung von Sonnencreme entscheidend. „Damit Sonnenschutz tatsächlich wie auf der Verpackung angegeben vor UV-Strahlung schützt, sind zwei Milligramm Sonnenmilch pro Quadratzentimeter Haut nötig. Das kann niemand richtig schätzen und auf der Packung steht es auch nicht.“ Dass die intuitive Dosierung zu gering ist, haben viele Studien gezeigt, so Ulrich. Meist werde nur ein Zehntel der empfohlenen Menge aufgetragen. Das Gefährliche daran: Wer zu wenig Sonnencreme benutzt, fühlt sich zwar geschützt - ist es aber nicht. „Dann besteht die große Gefahr, einen Sonnenbrand zu bekommen und das Hautkrebsrisiko zu erhöhen“, sagt Ulrich. Nur mit der richtigen Dosierung mache Sonnenschutz Sinn. Der Dermatologe rät deshalb, Sonnencremes mit Dosierungshilfe zu verwenden.
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Gwendolin Gurr