zum Hauptinhalt
Klein, aber tückisch. Immer mehr Menschen erkranken an Heuschnupfen.
© Imago/Niehoff

Pollenflugkalender für das Smartphone: Pollenflug nach Plan

Im Frühling beginnt Sie wieder, die Pollenflug-Saison. Mit einem Pollenflugkalender für das Smartphone können sich Allergiker täglich über den Pollenflug informieren.

Für Allergiker, die von Heuschnupfen geplagt werden, kann die Berliner Luft in Frühling und Sommer sehr lästig werden. Die Saison der Haselnusspollen, die schon Mitte Dezember begann, ist dann zwar inzwischen beendet. Doch darauf kann auch schon der Pollenflug der Birkenpollen beginnen. Sie werden im Norden der Republik bis Mitte Juni durch die Luft wirbeln. Auf sie und auf Gräserpollen, deren Saison erst Mitte April beginnt, dafür bis zur zweiten Septemberhälfte anhält, reagieren besonders viele Menschen mit Nasenjucken, anfallsartigen Niesattacken, Schnupfen, roten und tränenden Augen oder gar mit allergischem Asthma. Entwarnung für alle Betroffenen gibt es aber frühestens Mitte September, wenn auch der Pollenflug der Nachzügler, der Beifuß- und Ambrosiapollen, vorüber ist.

Dass man so genau weiß, wann welche Pollen Saison haben, ist nicht selbstverständlich. Erst seit einigen Jahren werden Pollenflugkalender für die wichtigsten Pollenarten angeboten.

Pollenflugkalender wird immer genauer

45 Pollenfallen im gesamten Bundesgebiet bilden die Grundlage für die Prognosen, an zehn von ihnen wird ganzjährig gemessen. Darunter ist auch die Pollenfalle auf dem Dach der Charité-Hautklinik in Mitte. Inzwischen ist die Genauigkeit der Vorhersagen dadurch gewachsen, dass die Ergebnisse mit Wettervorhersagen kombiniert werden.

Mit einem Pollenflugkalender fürs Smartphone können Menschen, bei denen schon eine Pollenallergie diagnostiziert wurde, sich den aktuellen Pollenflug direkt auf ihrem Handy vorhersagen lassen – in Deutschland, Österreich und Frankreich. Wer seinen Standort per Postleitzahl eingibt, gleichzeitig einträgt, welche Beschwerden an Auge, Nase oder Bronchien ihn plagen und welche Medikamente der Arzt dagegen verordnet hat, bekommt vom Pollenflugkalender eine Vorhersage über die individuelle Belastung in den nächsten Tagen.

Was kann man gegen die Pollenallergie tun?

Das ist wichtig, weil schon viel gewonnen ist, wenn man den Pollen, soweit möglich, aus dem Weg geht. Oder wenn man an den kritischen Tagen einfache Regeln beherzigt wie die, sich abends die Haare zu waschen, damit das Kopfkissen pollenfrei bleibt. Außerdem weiß man durch das Warnsystem, wann man unbedingt an die akut wirksamen Medikamente denken muss: An die Mittel, die sich gegen das körpereigene Histamin richten, das die unerwünschten Symptome macht, eventuell aber auch an das Kortisonspray gegen die entzündliche Reaktion.

Erst nach Ende der Pollensaison kann dann eine Behandlung zur Desensibilisierung gegen bestimmte Allergene in Angriff genommen werden. „Die App bietet auf Wunsch einen Erinnerungsservice, damit man den Arztbesuch im Herbst nicht verpasst“, erläuterte Katharina Bastl von der Medizinischen Universität Wien, wo die App entwickelt wurde und wo die Europäische Pollendatenbank angesiedelt ist.

Mittels eines „Pollentagebuchs“ kann jeder zudem ein Profil der persönlichen Belastung anlegen – und an den Arzt weiterleiten. Wer bisher nur die Vermutung hat, dass sich ein Heuschnupfen neu entwickelt haben könnte, kann einen Selbsttest machen.

Pollenflugkalender für das Smartphone

Natürlich, technische Fortschritte wie diese erhöhen auch die Nervosität der Benutzer. Nicht ganz auszuschließen, dass das neue Angebot manchen Smartphonebesitzer in Zukunft zum überängstlichen Pollenhypochonder machen könnte. Zumal bald eine weitere technische Neuerung kommen könnte: Kleine handliche Pollenmessgeräte, die man persönlich mit sich führen kann. Erste Ergebnisse einer Pilotstudie mit wenigen Patienten, finanziert vom Umweltbundesamt, seien in diesem Herbst zu erwarten, so war bei der Pressekonferenz zu erfahren.

Die wachsende Aufmerksamkeit für das Thema Pollenallergien kommt allerdings nicht von ungefähr. Im 19. Jahrhundert sei der Heuschnupfen noch eine Krankheit der höheren Gesellschaftsschichten und entsprechend selten gewesen, berichten Experten. Die „Hygienetheorie“, die Ende des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, könnte das erklären: Große Sauberkeit und wenig Kontakt zu bestimmten Bakterien erhöhen demnach das Risiko. In den letzten 15 Jahren könnte zudem der Klimawandel dazu beigetragen haben, der dazu führte, dass der Pollenflug früher einsetzt und stärker ausfällt, vermuten Mediziner.

Wie auch immer: Befragungen von Schweizer Rekruten zeigen, dass Heuschnupfensymptome im Verlauf des 20. Jahrhunderts kontinuierlich zugenommen haben. Klagten im Jahr 1926 nur ein Prozent der 18-Jährigen über saisonales Niesen, Naselaufen und Augentränen, so waren es 1991 schon 14 Prozent. Seit den 90er Jahren hat das allergische Asthma, das einen „Etagenwechsel“der Erkrankung anzeigt, bei Kindern weiter zugenommen. Laut einer in 2013 im Bundesgesundheitsblatt veröffentlichten Untersuchung des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind 15 Prozent der Bevölkerung im Verlauf des Lebens zumindest phasenweise von Heuschnupfen oder Asthma durch Pollen geplagt. Am massivsten trifft es die 30- bis 39-Jährigen.

Bei 30 Prozent der Bevölkerung ist aufgrund von Stichprobenuntersuchungen eine Sensibilisierung gegen einzelne Pollenarten festzustellen. „Das heißt allerdings nicht, dass sie alle krank werden“, betont Allergologe Bergmann, Leiter der seit 1984 bestehenden Stiftung Polleninformationsdienst. Weil auch die genetische Ausstattung einen Anteil an der Erkrankung hat, sind ihrer Ausbreitung natürliche Grenzen gesetzt – Klimawandel und allzu penibler Hygiene zum Trotz. Seit 1998 hat der Heuschnupfen bei den Erwachsenen denn auch nicht zugenommen, im Unterschied zum allergischen Asthma. Allerdings stellte Bergmann in den letzten Jahren ein neues Phänomen fest: „Es erkranken immer mehr Menschen erstmals im höheren Alter.“

Was die Hauptstadt betrifft, so hat eine Studie der Wissenschaftler von der Charité gezeigt, für die Pollen an verschiedenen Berliner Standorten gemessen wurden und deren Ergebnisse im letzten Jahr im Allergo-Journal erschienen sind: In der Nähe der Stadtautobahn A 100 fliegen besonders viele Pollen. Warum das so ist, ist den Forschern noch nicht ganz klar. Weniger erstaunlich ist allerdings, dass an verkehrsreichen Stellen gleichzeitig auch die Feinstaubkonzentration besonders hoch ist. Die Allergologen vermuten, dass die Kombination beider in der Atemluft dazu führt, dass die lästigen Heuschnupfensymptome sich stärker bemerkbar machen.

Informationen zur Smartphone-App „Pollen“ für Android und iPhone gibt es unter: www.pollenstiftung.de

Zur Startseite