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Arztbrief: Myome

Unser Experte Bernd Bojahr ist Teamchef der Gynäkologie an der Klinik für MIC in Berlin-Zehlendorf. Die Klinik ist das von den niedergelassenen Gynäkologen Berlins für die Durchführung von gynäkologischen Operationen am häufigsten empfohlene Krankenhaus (Ärzteumfrage 2015 von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin).

ERKLÄRUNG In der Schleimhaut, die die Gebärmutterhöhle auskleidet, nistet sich die befruchtete Eizelle ein, um innerhalb von neun Monaten zu einem Menschen heranzureifen. Allerdings ist das Gewebe der Gebärmutter anfällig für krankhafte Veränderungen. Zu diesen zählen die Myome: gutartige Geschwulste, die bei fast der Hälfte der Frauen im Muskelgewebe der Gebärmutter wachsen. Die meist rundlichen Gebilde, die einzeln oder zu mehreren auftreten, verursachen meist keine Beschwerden. Werden sie zu groß oder zu zahlreich, kann es jedoch zu Problemen kommen. „Normalerweise ist die Gebärmutter einer gebärfähigen Frau rund sieben bis neun Zentimeter lang, fünf Zentimeter breit und hat ein Gewicht von rund 50 Gramm“, sagt Bernd Bojahr, Teamchef der Gynäkologie an der Klinik für MIC in Berlin-Zehlendorf. „In Extremfällen kann sie durch Myome so stark anwachsen, dass sie den kompletten Bauchraum ausfüllt und bis zu vier Kilogramm wiegt.“ Dies sei jedoch sehr selten. Wenn Beschwerden auftreten, sollte man etwas gegen die Myome tun - entweder medikamentös oder operativ.

Myome sind gutartige, meist rundliche Geschwulste (1), die aus bisher ungeklärter Ursache im Muskelgewebe des Gebärmutterkörpers (2) enstehen. In der Gebärmutterhöhle (3) im Inneren des etwa sieben bis neun Zentimeter langen und fünf Zentimeter breiten Hohlorgans wächst in der Schwangerschaft die befruchtete Eizelle zum Menschen heran.
Myome sind gutartige, meist rundliche Geschwulste (1), die aus bisher ungeklärter Ursache im Muskelgewebe des Gebärmutterkörpers (2) enstehen. In der Gebärmutterhöhle (3) im Inneren des etwa sieben bis neun Zentimeter langen und fünf Zentimeter breiten Hohlorgans wächst in der Schwangerschaft die befruchtete Eizelle zum Menschen heran.
© Fabian Bartel

SYMPTOME Nur bei 20 bis 50 Prozent der betroffenen Frauen machen sich Myome durch Symptome bemerkbar, meist in Form von schmerzhaften und verstärkten Monatsblutungen oder Unterleibsbeschwerden. „Ob die Wucherungen Probleme hervorrufen, hängt unter anderem von ihrer Größe und ihrer Lage in der Gebärmutter ab“, sagt Gynäkologe Bojahr. So können sehr große Myome Schmerzen verursachen, wenn sie auf benachbarte Organe wie den Darm oder die Blase drücken sowie ein Fremdkörpergefühl oder auch Verstopfung auslösen. Sie können zudem unter Umständen am Ende der Schwangerschaft eine normale Geburt behindern. Befinden sich die Myome an einer ungünstigen Stelle, können sie sogar die Fruchtbarkeit beeinflussen, beispielsweise weil sie verhindern, dass sich eine befruchtete Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut einnistet.

URSACHEN Die genauen Ursachen für die gutartigen Wucherungen sind bislang unbekannt. Sicher ist nur: Das weibliche Sexualhormon Östrogen spielt dabei eine wichtige Rolle. Deshalb sind vor allem Frauen im gebärfähigen Alter von ihnen betroffen. Bei Mädchen vor der ersten Regelblutung (Menarche) und Frauen nach der Menopause treten sie hingegen nur höchst selten auf. Bereits bestehende Myome schrumpfen nach den Wechseljahren zudem meist von allein. Neben dem Östrogen können auch die genetische Veranlagung und Stoffwechselstörungen Myome begünstigen.

DIGNOSE Gynäkologen können oft bereits bei der Tastuntersuchung die Diagnose eines Gebärmuttermyoms stellen. Als weitere Standardmethode gilt die Ultraschalluntersuchung. Aber auch aufwendigere Verfahren wie eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomogafie (MRT) sowie diagnostische Operationen wie Spiegelungen der Gebärmutter oder des Bauchraumes kommen zum Einsatz.

THERAPIE Da es sich bei Myomen um gutartige Wucherungen handelt, müssen sie nicht zwangsläufig behandelt werden. „Eine Therapie ist vor allem dann notwendig, wenn die Geschwulste Beschwerden verursachen - oder wenn sie sehr groß sind“, sagt Gynäkologe Bojahr. In solchen Fällen stehen Ärzten unterschiedliche Verfahren zur Verfügung: medikamentöse und operative, aber auch solche mit Ultraschall oder die sogenannte Embolisation, bei der die Myome verödet werden, indem man ihre Blutversorgung unterbricht.

Eine medikamentöse Behandlung mit Hormonen (Gestagenen) kann dann zum Einsatz kommen, wenn die Patientin ihre Fruchtbarkeit erhalten möchte, wenn sie schon älter ist und die Menopause bald eintreten wird oder die Patientin Operationen generell nicht wünscht. Sie zeigt vor allem dann gute Ergebnisse, wenn es darum geht, von Myomen ausgelöste Blutungsstörungen zu behandeln.

Operationen werden erforderlich, wenn das Myom die Fruchtbarkeit behindert oder zu starke Beschwerden verursacht. Die Wahl der OP-Methode hängt dabei von der Anzahl, Größe und Lage der Myome ab sowie von dem Alter der Patientin und ihrer Familienplanung. Auch Voroperationen sind bei der Wahl der Methode zu berücksichtigen. „Wenn die Myome günstig liegen, können sie so aus dem Gewebe herausgeschnitten werden, dass die Gebärmutter erhalten bleibt“, sagt Bojahr. Dadurch sei eine spätere Schwangerschaft noch möglich. „Da bei dem Eingriff tiefe Wunden in der Muskulatur der Gebärmutter entstehen, die anschließend vernarben, muss die Entbindung dann jedoch häufig per Kaiserschnitt geschehen.“ Zudem könnten sich bei einer organerhaltenden Operation bis zur Menopause neue Myome bilden, die bei erneuten Beschwerden einen weiteren Eingriff notwendig machen. Dennoch sollte eine komplette Entfernung der Gebärmutter - eine sogenannte Hysterektomie (siehe Seite 46) - immer an letzter Stelle stehen und erst dann vorgenommen werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien.

Prinzipiell kann eine Gebärmutter über verschiedene Wege entfernt werden: minimalinvasiv, sprich: durch kleine Schnitte in der Bauchdecke, durch die Scheide, oder - in sehr seltenen Fällen - in einer offenen OP über einen mehrere Zentimeter langen Bauchschnitt. Wenn der Eingriff über die Scheide erfolgt, dann geschieht dies, ohne sichtbare Narben zu hinterlassen. Der Operateur trennt die Gebärmutter von dem umgebenden Haltegewebe ab und zieht sie aus dem Körper heraus. Je nach Größe des Organs dauert so ein Eingriff zwischen 15 Minuten und drei Stunden.

Kommt die natürliche Körperöffnung für den Eingriff nicht infrage - zum Beispiel, weil die Scheide zu eng ist -, dann entfernt der Chirurg das Organ mit der sogenannten Schlüsselloch-Technik. Dieser minimalinvasive Eingriff erfolgt über kleine Schnitte am Bauch, durch die nur millimeterstarke, langstielige Instrumente in die Körperhöhle eingeführt werden. Darunter sind auch solche mit Lichtquelle und Kameralinsen (Endoskope), weil der Chirurg die OP nur per Bildschirm verfolgen kann. Dieser Eingriff dauert je nach Größe der Gebärmutter 30 Minuten bis zu drei Stunden. Er hinterlässt nur kleine Narben. „Bei diesem Eingriff ist es auch möglich, den Gebärmutterhals zu erhalten“, sagt Bojahr, dessen Klinik auf die minimalinvasive Chirurgie spezialisiert ist. „Dadurch bleibt die Scheide unangetastet, das Infektionsrisiko und die Verletzungsgefahr sinken.“ Bei rund 30 Prozent der Frauen, deren Gebärmutter komplett - also inklusive Gebärmutterhals - entfernt wurde, käme es zudem zu einem Scheidenstumpfvorfall und zu Inkontinenz. „In der Regel kann eine Gebärmutter bis zu einem Gewicht von 1,5 Kilogramm problemlos minimalinvasiv entfernt werden“, sagt Bojahr. Mit einer speziellen Technik, bei der das Organ nacheinander von der linken und der rechten Körperseite operiert wird, sei es jedoch auch möglich, eine Gebärmutter zu entfernen, die durch die Wucherungen bereits den kompletten Bauchraum ausfüllt.

In bestimmten Fällen ist es alternativ zu einer OP auch möglich, Myome mithilfe der Embolisation oder einer kernspingesteuerten gezielten Ultraschalltherapie zu behandeln. Bei der Embolisation werden die Blutgefäße, die das Myom versorgen, verschlossen. Dazu wird ein langer, nur ein Millimeter dünner Kunststoffschlauch, ein Katheter, in die Arterie der rechten Leiste eingeführt und über die Blutbahnen bis zu den Gefäßen der Gebärmutter vorangeschoben, die mit dem Myom verbunden sind. Durch diesen Schlauch werden kleine Plastikkügelchen eingespritzt, die in den Adern hängen bleiben und sie verstopfen. Im besten Fall stirbt das Gewebe des Myoms danach ab, es schrumpft, was etwa ein Viertel bis zu einem halben Jahr dauern kann. Die eingespritzten Kügelchen verbleiben dabei in den Gefäßen. Bei der Ultraschalltherapie „beschießen“ die Ärzte das Myom zielgenau mit Schallwellen. Durch die entstehende Hitze wird das Gewebe dann zerstört.

Die Redaktion des Magazins "Tagesspiegel Kliniken Berlin 2016" hat die Berliner Kliniken, die diese Erkrankung behandeln, verglichen. Dazu wurden die Behandlungszahlen, die Krankenhausempfehlungen der ambulanten Ärzte und die Patientenzufriedenheit in übersichtlichen Tabellen zusammengestellt, um den Patienten die Klinikwahl zu erleichtern. Das Magazin kostet 12,80 Euro und ist erhältlich im Tagesspiegel Shop.

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