Arztbrief: Makuladegeneration Altersschwäche im Auge
Unser Experte Joachim Wachtlin ist Chefarzt der Augenheilkunde im Sankt Gertrauden-Krankenhaus.
Die Makula Lutea ist ein etwa 1,5 Millimeter großer Bereich im hinteren Teil der Netzhaut, ein kleines Stück neben dem Sehnerv. Hier ist die Dichte der Zapfen, also der Sinneszellen, die für das Farbensehen zuständig sind, am höchsten „Würde man das Auge mit einer Kamera vergleichen, wäre das die Stelle, an der das Licht auf den Film fällt“, sagt Joachim Wachtlin, Chefarzt der Augenheilkunde am Sankt Gertrauden-Krankenhaus in Wilmersdorf.
In der Mitte der Makula liegt der Punkt des schärfsten Sehens (Fovea centralis), der essenziell ist für das Lesen, oder um die Gesichtszüge und Mimiken einer Person wahrzunehmen. Wortwörtlich bedeutet Makula Lutea übrigens gelber Fleck. Denn das Areal hat tatsächlich eine leicht gelbe Färbung.
Formen Als Makuladegeneration, auch Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) genannt, bezeichnet man eine Zersetzung der Makula. Die Ursache der Erkrankung sind vermutlich Alterungsprozesse, einhergehend mit einer Mischung von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen. In den Industriestaaten ist sie durch das hohe Durchschnittsalter der Bevölkerung eine der häufigsten Augenerkrankungen. Man unterscheidet zwischen trockener und feuchter Makuladegeneration. Bei der wesentlich häufigeren trockenen Variante ist der Stoffwechsel der Zellen gestört und es bilden sich Ablagerungen, sogenannte Drusen. Oft ist bereits in diesem Stadium das Sehvermögen beeinträchtigt.
Bei zehn bis 15 Prozent der Patienten schlägt die trockene Makuladegeneration in die feuchte Variante um. Diese Form ist wesentlich aggressiver. Im Verlauf der Erkrankung bilden sich kleine Blutgefäße, deren Absonderungen, wie Blutbestandteile und Eiweiß, die Netzhaut anschwellen lassen. Außerdem besteht die Gefahr, dass durch Einblutungen blinde Flecke im Sehfeld entstehen. „Bisher ist allerdings noch nicht vollständig erforscht, welche Faktoren genau dazu beitragen, dass sich die Erkrankung von der trockenen in die feuchte Form wandelt“, sagt Wachtlin.
Symptome Die Schädigung der Makula beeinträchtigt die Sehkraft. Die Umgebung wird verschwommen und verzerrt wahrgenommen, vor allem im Zentrum des Sehfelds. Bei vielen Patienten erscheint dort nach einiger Zeit ein ausfransender dunkler Fleck, der unter Umständen wächst. Außerdem nehmen viele Betroffene gerade Linien als gekrümmt wahr. Oft verschlimmern sich die Symptome mit der Zeit, doch es kommt selten zu einer vollständigen Erblindung.
Diagnose Um die Erkrankung zu identifizieren, wird ein Sehtest und ein sogenannter Amsler-Test gemacht. Man blickt auf ein Gitternetz von gleich großen Quadraten. In der Mitte ist ein Punkt, den man fixieren muss. Dann wird nacheinander jeweils ein Auge geschlossen. Erscheinen die Linien des Netzes gekrümmt oder lückenhaft, ist eine Makuladegeneration sehr wahrscheinlich. Zur weiteren Abklärung wird bei einer - mithilfe von Medikamenten - geweiteten Pupille mit einem Augenspiegel die Netzhaut untersucht. Zudem gibt es die Möglichkeit, Schichtaufnahmen von der Netzhaut zu machen.
Behandlung Bisher kann nur die feuchte Variante schulmedizinisch therapiert werden. Primäres Ziel der Behandlung ist, die feuchte Form sozusagen trockenzulegen, also das krankhafte Gefäßwachstum und den Flüssigkeitsaustritt zu stoppen. Standardmäßig geschieht das, indem man ein Medikament per Spritze in das Auge injiziert. Zahlreiche Studien zeigen, dass diese Therapie bei etwa 75 bis 80 Prozent der Patienten die Verschlechterung der Symptome stoppt. Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der feuchten Form um eine chronische Erkrankung handelt. Das heißt, dass die Trockenlegung immer nur für gewisse Zeit anhält. „Deshalb ist in jedem Fall ganz entscheidend, dass die Patienten auch während der trockenen Phase etwa alle vier Wochen zur Kontrolle zum Augenarzt gehen“, sagt Wachtlin. Nur wenn die feuchte Form oder deren erneutes Auftreten schnell erkannt würden, könnten die Spritzen eine Verbesserung der Sehkraft bewirken.
Für die trockene Makuladegeneration hat die Schulmedizin bisher kein wirksames Behandlungsverfahren gefunden. Patienten berichten jedoch immer wieder von alternativmedizinischen Angeboten, wie etwa Akupunktur, die eine Verbesserung versprechen. Allerdings warnt Wachtlin vor unseriösen Therapien. Er hält weder etwas von speziellem Sehtraining noch von Homöopathie im Zusammenhang mit der Erkrankung. „Besonders wenn solche nicht wissenschaftlich überprüften Verfahren auch noch sehr teuer sind, sollte man überlegen, ob die Behandlung dem Anbieter nicht mehr nützt als dem Patienten.“ Anna Ilin
Die Makula ist Teil der Netzhaut. Bei einer feuchten Makuladegeneration bilden sich dort krankhafte Blutgefäße. Sie sind durchlässiger als gesunde Gefäße und geben Flüssigkeit, Eiweiß und Blutbestandteile, an ihre Umgebung ab. Das verursacht ein Anschwellen der Netzhaut. Außerdem können Äderchen platzen, die durch Einblutungen zu blinden Flecken führen.
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Anna Ilin