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Weiße Nächte: Sich unruhig hin- und her wälzen.
© dpa

Schlafstörungen: Die Suche nach dem verlorenen Schlaf

Jeder Dritte hat Probleme mit Schlafstörungen. Was kann man dagegen tun und wo bekommt man Hilfe?

„Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen.“ So beginnt Marcel Prousts monumentaler Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Doch das frühe Zu-Bett-Gehen bescherte dem Erzähler nicht etwa schnell süße Träume: Die ersten hundert Seiten handeln von der Schwierigkeit, nicht einschlafen zu können. Das Problem dürfte vielen bekannt vorkommen: Schlafstörungen. Jeder Dritte hat ab und zu Probleme beim Einschlafen, jeder Zehnte ist behandlungsbedürftig. Wenn jemand unter Schlafstörungen leidet, kann das viele Gründe haben.

Schlafstörungen, was tun?

Die Psychotherapeutin Luzia Telger zählt in ihrem Vortrag, den sie einmal im Monat am St.-Joseph-Krankenhaus Weißensee hält, Grundregeln bei der Behandlung von Schlafstörungen auf, die sich unter dem Stichwort „Gute Schlafhygiene“ zusammenfassen lassen: Man soll in einem angenehmen Raum schlafen, in dem man sich wohlfühlt und der nicht zu warm ist. Es hilft gegen Schlafstörungen, den Abend mit einem Ritual zu beenden, etwa mit einem Buch. Das schafft einen Puffer zwischen Tagesgeschäft und Schlaf und hilft beim Herunterfahren. Außerdem sollte man nicht zu spät und nicht kalorien- und fettreich essen. Und wenn man Schlafstörungen hat, ist es wichtig, auf Alkohol am Abend verzichten: „Der Schlaf hat eine Architektur, und Studien haben gezeigt, dass Alkohol vor allem in der zweiten Schlafhälfte zu Schlafstörungen führt“, sagt Oliver Janke, Oberarzt der Abteilung für Neurologie am Jüdischen Krankenhaus, der eine Sprechstunde zu Schlafstörungen anbietet. Regelmäßiger Lärm, etwa von starkem Verkehr, kann selbst dann ein Problem sein, wenn man glaubt, sich längst daran gewöhnt zu haben. Und Energiesparlampen in der Nachttischlampe spenden ein Licht mit hohem Blauanteil – das suggeriert dem Körper, dass es Zeit ist, wach zu werden. Nicht zuletzt sollte man längere Wachphasen im Bett vermeiden. Kann man nicht einschlafen, ist es besser, aufzustehen und etwas Angenehmes zu machen, bis man wirklich müde ist.

Yoga gegen Schlaflosigkeit

„Guten Schlaf kann man lernen“, sagt Therapeutin Luzia Telger. Schlechten auch. Wenn ein belastendes Ereignis den Schlaf schädigt, spricht man von einer akuten Insomnie, die sich mit der Zeit dauerhaft festsetzen kann: Das Bett wird dann automatisch mit schlechtem Schlaf assoziiert. Um Schlafstörungen dann zu vermeiden, muss man dafür sorgen, dass der Anblick des Bettes wieder zum Auslöser für Entspannung wird. Dabei helfen Entspannungsübungen wie Yoga, die sogenannte Muskelrelaxation nach Jacobson oder Autogenes Training. Dabei solle man jedoch die sogenannte Rücknahme weglassen, empfehlen Mediziner. Denn die Rücknahme würde den Körper am Ende der Entspannungsübung wieder aufwecken, damit der Effekt gegen die Schlafstörungen nicht verpufft. Eine Studie der Universität Warwick (2011) hat herausgefunden, dass das Herzinfarktrisiko um 48 Prozent steigt, wenn man jahrelang weniger als sechs Stunden pro Nacht schläft. Bei schwereren Fällen von Schlafstörung ist deshalb etwa verhaltenstherapeutische Hilfe ratsam: Unter Aufsicht führt der Betroffene dann zum Beispiel ein Schlaftagebuch, in dem er über seine Schlaf-Wach-Gewohnheiten genau Buch führt. Oder er begrenzt gezielt über mehrere Monate seine Schlafdauer mit einer sogenannten Schlafrestriktion. Eine andere Möglichkeit, akute Schlafstörungen zu behandeln, sind Beruhigungstabletten, die Verbindungen wie Benzodiazepine enthalten. Allerdings ist hier die Gefahr des Missbrauchs hoch. Diese Medikamente gegen Schlafstörungen sind verschreibungspflichtig und sollten grundsätzlich nur unter Aufsicht eines Arztes und zeitlich begrenzt eingenommen werden. Und selbst dann behandeln sie nur die Symptome, nicht die Ursachen für Schlafstörungen. Das heißt, wenn man sie absetzt, kehren die Schlafstörungen nicht selten zurück.

Jeder Dritte hat Probleme mit Schlafstörungen. Etwa jeder Zehnte muss deswegen von Psychologen oder Neurologen behandelt werden.
Jeder Dritte hat Probleme mit Schlafstörungen. Etwa jeder Zehnte muss deswegen von Psychologen oder Neurologen behandelt werden.
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Ursachen für Schlafstörungen

Manche Schlafstörungen haben organische Ursachen. Bei der Apnoe ist die Atmung erschwert, was zu häufigem Mikroerwachen in der Nacht führt. Die Betroffenen – oft Männer ab 50 – merken davon nichts. Sie wundern sich am nächsten Tag, warum sie sich so zerschlagen fühlen, obwohl sie doch geschlafen haben. Wenn Gewichtsreduktion und Verzicht auf Alkohol nicht helfen, kann man eine Apnoe auch mit einer Schlafmaske oder als letztes Mittel operativ behandeln. Beim „Restless Legs Syndrom“ führt ein Bewegungsdrang in den Beinen dazu, dass der Betroffene nachts nicht einschlafen kann. Die Ursachen für diese Schlafstörungen sind neurologisch, und Neurologe Oliver Janke behandelt sie am Jüdischen Krankenhaus zum Beispiel im hauseigenen Schlaflabor.

Bei der Behandlung von Schlafstörungen spielt der Hausarzt eine wichtige Rolle. Er sollte entscheiden, ob der weitere Weg eher zum Psychologen oder zum Neurologen führt. Auch eine Behandlung von Herz oder Lunge kommt bei Schlafstörungen in Betracht. Wer aber nur ab und zu nicht schlafen kann, findet Trost bei Proust: „Ein geringes Maß an Schlaflosigkeit ist nicht ohne Nutzen dafür, den Schlaf richtig schätzen zu lernen und außerdem sein Dunkel ein wenig aufzuhellen.“

Schlafen ist wichtig für ein langes Leben. Lesen Sie mehr zum Thema unter www.gesundheitsberater-berlin.de

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