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Alfred Döblin (1878-1957)
© dpa

Alfred Döblin: Die Praxis war seine Inspiration

Mit seinem Großstadtroman „Berlin Alexanderplatz“ wurde Alfred Döblin berühmt. Inspirieren ließ er sich dabei auch von seiner Tätigkeit als Nervenarzt.

Der Schriftsteller und der Geisteskranke – für Alfred Döblin zwei Seiten derselben Medaille: „Erträumtes, Erlesenes, Gedachtes, Halluciniertes wird vermengt, commutiert“, schreibt er 1905 in seiner Doktorarbeit über die Säuferkrankheit „Korsakowsche Psychose“. Zum fantasievollen Schreiben bedürfe es ähnlicher „Verbindungsstörungen“. Diese Erkenntnis verändert das Verhältnis zu seinen Patienten, die er in der psychiatrischen Klinik in Freiburg behandelt. In den Erzählungen, die er nach Feierabend schreibt, scheint das durch.

Eine Verbindungsstörung ganz anderer Art erfährt der junge Alfred, als sich sein Vater mit einer jüngeren Frau nach Amerika absetzt. Frau und fünf Kinder bleiben im kleinbürgerlichen Stettin zurück, das gescheiterten Existenzen keine zweite Chance bietet. Die Familie zieht nach Berlin. Nach dem Abitur und dem unsicheren Philosophiestudium findet Alfred einen sicheren Hafen in der Medizin: „Weil ich Wahrheit wollte, die nicht durch Begriffe gelaufen und hierbei verdünnt und zerfasert war.“

Döblin kehrt aus Freiburg nach Berlin zurück, an die Städtische Irrenanstalt in Buch, später ins Krankenhaus Am Urban. 1911 lässt er sich in Lichtenberg nieder, wo er Arbeiter und Arbeitslose behandelt. Heinrich Mann bezeichnete seine Praxis als „ Zentrale der Existenzsorgen“. Für Döblin ist sie eine Quelle der Inspiration, die zu seinem berühmtesten Roman „Berlin Alexanderplatz“ führt. Erzählt wird die Geschichte von Franz Biberkopf, dem es nach der Haftentlassung trotz Vorsätzen nicht gelingt, ein gutes Leben im Großstadtdschungel zu führen. Die neue Form einer Collage von Stadteindrücken macht das Buch 1929 zum Meilenstein und Döblin zum gefeierten Mann.

Kurz darauf, 1933, brennen der Reichstag, nur Wochen später Döblins Texte auf dem Berliner Opernplatz. Zu dieser Zeit ist er mit Familie bereits nach Frankreich geflohen. Von dort geht es in die USA, wo er als schlecht bezahlter Drehbuchautor in Hollywood arbeitet. Er würde „lieber und von Herzen die Schriftstellerei aufgeben als den inhaltsvollen, anständigen, wenn auch sehr ärmlichen Beruf eines Arztes“. Doch das Praktizieren bleibt ihm im Ausland verwehrt.

Auch im Nachkriegsdeutschland wird Alfred Döblin nicht mehr als Arzt arbeiten, als Schriftsteller bleibt er Außenseiter. Resigniert entschließt er sich zu einem Leben in Frankreich. Nur zur Behandlung seines Parkinson-Leidens kehrt er immer wieder zurück. Angst vor dem Tod scheint ihm fremd: „Im Laufe einiger Jahrzehnte haben wir reiflich Zeit, uns mit den Mängeln und Ecken unserer Persönlichkeit zu befassen. Man kennt sich gründlich und möchte umziehen.“ Alfred Döblin stirbt mit 78 Jahren in Emmendingen bei Freiburg.

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