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Schlechte Erfahrungen. Schwangere, die sich einen Kaiserschnitt wünschen, haben oft bereits eine komplizierte natürliche Geburt hinter sich.
© dpa

Alternative Kaiserschnitt: Der Königsweg ins Leben?

Viele Frauen haben Angst vor der Geburt und wünschen sich einen Kaiserschnitt. Doch vieles spricht für eine natürliche Entbindung.

Julia S. und ihr Mann Sven* hatten nichts ausgelassen: Vorsorgeuntersuchungen, Geburtsvorbereitungskurse, Gespräche mit der Hebamme, Bücher, Internet, Krankenhausbesichtigungen. Sie waren hoch motiviert, ihrem ersten Kind den Weg ins Leben so natürlich und sanft wie möglich zu gestalten, mit einer normalen Geburt. Es kam anders: Nach quälenden Stunden im Kreißsaal riet das Geburtshilfe-Team dringend zu einem Kaiserschnitt, weil die Herztöne des Kindes schwächer geworden waren.

Einige Kinder erblicken das Licht der Welt nicht auf dem natürlichen Weg. Sie erleben keine normale Geburt, sondern werden durch den Kaiserschnitt, mit einem Schnitt durch die Bauchdecke aus der Gebärmutter geholt.

Für einen Kaiserschnitt gibt es einige medizinische Gründe: So kann es sein, dass der Mutterkuchen vor dem Geburtskanal liegt und den Durchgang versperrt, dass das Kind quer oder mit dem Po nach unten liegt oder im Verhältnis zum Becken der Mutter zu groß ist. Den natürlichen Lauf der Dinge abzuwarten, kann auch riskant sein, wenn die Mutter von früheren Operationen schon große Narben an der Gebärmutter hat oder wenn Mehrlinge zu erwarten sind. Dann können Ärzte und werdende Eltern den Eingriff oft schon vor der Schwangerschaft planen, der Schmerz kann durch eine Periduralanästhesie (PDA), eine Betäubung des Rückenmarks, ausgeschaltet werden, und der Vater kann häufig dabei sein. Medizinisch begründet ist ein Kaiserschnitt auch, wenn im Kreißsaal eine bedrohliche Situation eintritt: wenn das Ungeborene unter Sauerstoffmangel leidet, trotz starker Wehen „nichts vorangeht“ oder die Nabelschnur sich um den Hals geschlungen hat.

Immer mehr Frauen wünschen sich einen Kaiserschnitt

In Deutschland ist die Rate der Kaiserschnitte in den letzten Jahrzehnten ständig angestiegen. Als Grund für diese Zunahme wird häufig der „Kaiserschnitt auf Wunsch“ genannt. Aber kann man sich einen Kaiserschnitt während der Schwangerschaft wirklich „wünschen“? Und was spricht für einen Kaiserschnitt? Experten führen vor allem den Schutz des Beckenbodens der Mutter ins Feld. Solche Argumente fallen mehr ins Gewicht, seit die Gefahr, an den Folgen der Operation zu sterben, fast genauso gering geworden ist wie bei der vaginalen Entbindung. Tatsächlich haben viele Frauen nach einer natürlichen Geburt kurzfristig Probleme mit der Kontrolle von Harn- und Stuhlabgang und mit der Sexualität, aber auch langfristige Beckenbodenprobleme nach der Geburt sind möglich. Nach einem Kaiserschnitt sind diese Beschwerden seltener, kommen aber ebenfalls vor, wie eine norwegische Studie 2003 zeigte. Nicht die Geburt allein, sondern die gesamte Schwangerschaft belastet den Beckenboden.

Der Kaiserschnitt und seine Risiken

Aber auch aus Angst vor Schmerzen während der Geburt– oder davor, in der Entbindungssituation zu versagen – wollen manche Frauen einen Kaiserschnitt. Scham und Scheu sich schwitzend und stinkend zu zeigen und die Kontrolle über das Geschehen zu verlieren, können hier eine Rolle spielen.

Wer sich für den Kaiserschnitt als die vermeintlich „saubere Lösung“ entscheidet, trägt jedoch die Risiken – und die Schmerzen – einer Bauchoperation. Darüber sollte die Mutter genauso aufgeklärt werden wie über die Gefahren, denen sie sich in den nachfolgenden Schwangerschaften aussetzt. Erst vor wenigen Wochen erschien eine Studie der Universität Oxford, die zeigt, dass ein Kaiserschnitt das Risiko erhöht, bei der Geburt eines weiteren Kindes wegen starker Blutungen die Gebärmutter zu verlieren.

Dazu kommen Bedenken, das Kind könnte durch den Kaiserschnitt Schaden nehmen. Schon länger ist bekannt, dass Neugeborene nach einem Kaiserschnitt etwas häufiger unter Atemnot leiden, weil ihnen keine Wehenhormone und der Weg durch den engen Geburtskanal dabei helfen, die Lunge von Flüssigkeit zu befreien.

Nach einem Kaiserschnitt muss die Mutter häufig aufgefangen werden. Und zwar häufig gerade diejenige, die wie Julia S. alles perfekt meistern wollten und dann einen Kaiserschnitt brauchte. In der Berliner Beratungsstelle Familienzelt werden Frauen unterstützt, die von den Abläufen rund um die Entbindung und auch vom Kaiserschnitt verstört sind.

Die Operation

Der Kaiserschnitt dauert etwa eine Stunde. Damit die Mutter die Geburt auch durchsteht, bekommt sie (bei einem geplanten Eingriff) eine Narkose verabreicht, in Zeitnot reicht es allerdings nur noch für eine lokale Betäubung. Der Kaiserschnitt wird horizontal gesetzt, die Bauchdecke nach und nach geöffnet bis der Geburtshelfer den Uterus erreicht. Zuletzt wird die Uterusmuskulatur aufgeschnitten und das Neugeborene herausgeholt. Die Bauchdecke wird daraufhin wieder zugenäht und geklammert. Eine sanftere Methode ist die so genannte "Misgav-Ladach"-Technik. Die Bauchdecke wird hier nicht komplett horizontal aufgeschnitten, einzelne Bauchschichten werden möglichst stumpf aufgerissen.

Wie geht es nach dem Kaiserschnitt weiter?

Nach dem Kaiserschnitt wird die Mutter noch für einige Stunden überwacht und bekommt ein Schmerzmittel verabreicht. Jetzt ist der Einsatz des Vaters gefragt, einer sollte nämlich schon jetzt für das Baby da sein. Er kann sich um das Baby kümmern und es sich auf die Brust legen. Für einige Frauen scheint der Kaiserschnitt das geringere Übel zu sein, doch sowohl Operation als auch die Schmerzen danach sind kein Zuckerschlecken. Kleinste Bewegungen können sehr schmerzhaft sein und Mütter sind häufig auf die Hilfe anderer angewiesen. Es sollte bestenfalls eine Person bereit sein, die Mutter in der ersten Zeit zu unterstützen.

Geburt oder Kaiserschnitt? Mütter wollen selbst entscheiden

Mütter haben den Wunsch nach Selbstbestimmung: „Die Zufriedenheit ist am größten, wenn man die Geburt bekommt, die man sich vorgestellt hat“, sagt die Gynäkologin und Psychosomatikerin Christine Klapp. Sie arbeitet als Oberärztin am Zentrum für Geburtsmedizin der Charité und leitet dort eine Spezialsprechstunde zur Geburtsleitung. Dorthin kommen werdende Mütter, bei denen nicht klar ist, auf welchem Weg das Kind zur Welt kommen soll. „Die meisten Frauen, die sich dann einen Kaiserschnitt wünschen, haben schon ausführlich recherchiert. Schade finde ich es allerdings, wenn jemand schon mit großer Entschiedenheit in dieses Gespräch geht.“ Für diese Beratungsgespräche plant sie viel Zeit ein, geht den Hintergründen nach, bietet andere Strategien zur Bewältigung der Ängste an. Zeigt, dass die Angst vor der Geburt etwas ganz Normales ist. In einigen Fällen steht am Ende dann doch der Kaiserschnitt, ohne strenge medizinische Notwendigkeit. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es hier ohnehin fließende Übergänge gibt“, sagt die Frauenärztin. Für eine wissenschaftliche Untersuchung werden derzeit Frauen befragt, die ihr Kind per „Wunschkaiserschnitt“ auf die Welt bringen. Unter anderem will die Charité-Forscherin herausbekommen, wie oft die Schwangeren selbst wirklich die treibende Kraft sind.

*Namen von der Redaktion geändert

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