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Jede Hilfe zählt. Pflegende Angehörige brauchen auch engagierte Ehrenamtliche.
© imago

Pflegemarkt: 2,5 Millionen Pflegekräfte werden 2030 in den Heimen fehlen

Der Pflegemarkt wächst – aber die personelle Entwicklung hält damit nicht Schritt – 47 Prozent der Angehörigen pflegen ohne professionelle Unterstützung.

Eines ist sicher: Wer heute in Deutschland über Pflege spricht, der bewegt sich im Millionenbereich: Rund 1,5 Millionen Profis arbeiten in der Pflege. Genaue Zahlen sind allerdings schwer zu ermitteln, weil Pflegekräfte als Berufsgruppe noch nicht in einer Kammer organisiert sind wie die Ärzte – die sich zahlenmäßig gegenüber der Pflege aber auf jeden Fall in der Minderheit befinden.

Dass Pflegekräfte in der Mehrheit sind, trifft zunächst natürlich für die Schwestern und Pfleger im Krankenhaus zu. Es wird aber noch offensichtlicher, sobald man den Bereich der stationären Altenpflege und der ambulanten Pflege miteinbezieht. Seit der Einführung der Pflegeversicherung hat vor allem die häusliche Pflege durch ambulante Pflegedienste enorm an Bedeutung gewonnen: 2,34 Millionen Menschen waren im Jahr 2009 pflegebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs XI, also einer der Pflegestufen zugeteilt.

Rund ein Drittel von ihnen wurde in einem Heim betreut, die Mehrheit jedoch zu Hause. Mehr als eine halbe Million Familien schafften das nur in Kooperation mit professionell Pflegenden – Tendenz steigend. Das zeigt der im Jahr 2012 erschienene Themenreport Pflege der Bertelsmann-Stiftung. Wissenschaftler der Universitäten Bremen und Freiburg haben dafür einschlägige Studien und die Daten des Statistischen Bundesamtes unter die Lupe genommen.

Noch aktueller sind die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, die Stephanie Hollaus von GfK in Nürnberg auf dem Deutschen Pflegetag in Berlin vorstellen wird: Die Untersuchung, in die 2000 Bundesbürger über 14 Jahren eingeschlossen wurden, lief im Februar dieses Jahres. 4,7 Prozent der Befragten gaben dort an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten in ihrem Haushalt eine Person gepflegt haben, 47 Prozent von ihnen ohne professionelle Unterstützung. Die etwas größere Gruppe der pflegenden Angehörigen, die auf Hilfe von außen zurückgreift, sucht sie der Befragung zufolge zu 96 Prozent im Inland.

Die Pflegeberufe müssen attraktiver werden

In kleiner werdenden Familien verteilt sich die Aufgabe auf immer weniger Angehörige, zunehmend trifft sie Frauen, die noch im Arbeitsleben stecken: 40 Prozent der Personen, die die 515 Interviewer für die Studie von GfK befragten, sind berufstätig. Im Schnitt wenden alle Befragten – auch die, die professionelle Unterstützung haben – in der Woche trotzdem 27 Stunden für die Pflege ihrer Angehörigen auf.

Angesichts des viel beschworenen demografischen Wandels wird die Zahl der pflegebedürftigen Hochaltrigen weiter zunehmen. Das Statistische Bundesamt kommt in seiner Hochrechnung zum Schluss, dass im Jahr 2030 schon 3,4 Millionen Bundesbürger Leistungen der Pflegeversicherung beziehen werden. Selbst im angenommenen günstigsten Fall, dass dann die Mehrheit von ihnen zu Hause oder in betreuten Wohngemeinschaften leben und von Angehörigen, ehrenamtlichen Helfern und ambulanten Pflegekräften gemeinsam betreut werden können, werden zu diesem Zeitpunkt über 2,5 Millionen Pflegekräfte in Heimen fehlen, heißt es in der Bertelsmann-Studie.

Die Forscher sehen auf mehreren Gebieten Handlungsbedarf: Die Berufe des Gesundheits- und Krankenpflegers und des Altenpflegers müssen dringend attraktiver werden, denn sie werden in Zukunft mehr gebraucht denn je. Gleichzeitig brauchen pflegende Angehörige Beratung und Entlastung – und Unterstützung durch Bürger, die sich ehrenamtlich in ihrer Freizeit engagieren.

Wie blicken eigentlich die Menschen, die im Bereich Pflege tätig sind, selbst in die Zukunft? Stephanie Hollaus will den Deutschen Pflegetag auch nutzen, um im Gebäude des Flughafens Tempelhof 400 professionell mit der Pflege Beschäftigte für eine Tablet-basierte Online-Befragung zu gewinnen. „Bisher hat sich leider kaum jemand für deren Sicht der Dinge interessiert.“ Dabei ist es sehr spannend, ob und wie Pflegekräfte selbst für den Fall vorsorgen, dass sie einmal pflegebedürftig werden sollten.

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