Mode und Sportschuhe: Worin laufen sie denn? - Olympia als Markentest
Von Berlin 1936 bis Rio 2016: bis Olympioniken mit technisch ausgefeilten Schuhen auszustatten, lohnt sich. Nicht selten werden die olympischen Turnschuhe später von vielen im Alltag getragen.
Sneakers, also mit Vorliebe auch in der Freizeit getragene Sportschuhe, sind seit Jahren ein boomender Markt. Als der Urvater aller Sneakers gilt das Modell „Chuck Taylor“ des amerikanischen Sportartikelherstellers Converse. Bis heute ist er einer der kommerziell erfolgreichsten Schuhe überhaupt mit laut Converse rund 100 Millionen verkauften Paaren im Jahr. Seine Beliebtheit verdankt er nicht zuletzt Olympia.
Entwickelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Marquis M. Converse als Basketballschuh, gelangte das Modell erst 1936 in Berlin zu internationalem Ruhm, als Basketball erstmals olympische Disziplin war und das amerikanische Team im Finale gegen Kanada die Goldmedaille holte – mit „Chucks“ an den Füßen. Mit den Jahren wuchsen die technischen Ansprüche an Sportschuhe, ein einfacher Baumwollschuh mit Gummisohle würde heute auf dem Platz nur noch müde belächelt.
Bei den Spielen von Barcelona im Jahr 1992 trug Michael Jordan als Teil des damaligen „Dream Teams“ den von Nike eigens für ihn entwickelten „Air Jordan 7“ in amerikanischen Nationalfarben, mit integrierten Luftkissen und einem eingebauten Stoffsocken für besonders festen Sitz. Der Air Jordan wurde bis heute zahlreiche Male von Nike neu aufgelegt und zählt zu den beliebtesten Modellen unter Sneakerkennern. Die schätzen ihn zwar auch für seinen komfortablen Sitz, vor allem geht es den Fans aber ums Aussehen.
Ähnlich sieht der Lebenslauf vieler weiterer einst olympisch erfolgreicher Turnschuhe aus. Für Olympia 1984 in Los Angeles brachte Adidas zum Beispiel den „LA Trainer“ auf den Markt, einen Laufschuh, dessen Festigkeit sich durch drei entfernbare Stäbchen in der Sohle individuell anpassen ließ. Einst ein absolutes Zukunftsmodell, ist er heute ein Freizeitschuh. Auch Nikes „Flyknit“-Obermaterial, ein atmungsaktives Gestrick, das einem Turnschuh die Bequemlichkeit einer festeren Socke gibt, debütierte 2012 bei den Olympischen Spielen in London und kommt heute bei fast allen Sneakerformen von Nike zum Einsatz.
Neue Turnschuh-Technologien werden von den Herstellern in enger Zusammenarbeit mit Athleten entwickelt, mit dem Anspruch, sie bestmöglich bei ihren sportlichen Leistungen zu unterstützen. Das ist für die Ausstatter mit viel Aufwand und Entwicklungskosten verbunden – doch die Investition lohnt sich. Die Designelemente eines jeden Sneakers, der heute auf der Straße getragen wird, beruhen komplett oder teilweise auf Vorbildern aus dem Profi-Sport.
Dass in den kommerziell erfolgreichen Turnschuhversionen nur die wenigsten Träger sprinten, Basketball oder Tennis spielen, sondern einfach ihre Freizeit darin verbringen – geschenkt. Die Zusammenarbeit mit Athleten verleiht Sportmarken ihre Glaubwürdigkeit, das sportliche Erbe ihrer Schuhmodelle ist für Adidas, Nike, Puma und Co. perfektes Marketing und eine Grundlage zum Geschichtenerzählen: Erst ihre sagenumwobene Entstehung und (olympische) Tragehistorie macht gewisse Modelle zu wahren Sammlerstücken.
Und nicht nur, was neue Technologien angeht, bieten Olympische Spiele den Schuhherstellern Inspiration. Wie in allen Bekleidungskategorien von Flipflops bis Sonnenbrillen sind die Spiele auch im Turnschuhbereich alle vier Jahre wieder Anlass für spezielle Olympia-Versionen. Derzeit bietet etwa der japanische Hersteller Asics ein spezielles „Rio Pack“ in den brasilianischen Nationalfarben an.
Wer wissen will, was man in den nächsten Jahren an den Füßen informierter Sneakerfans sehen wird, sollte in den nächsten Wochen also aufmerksam die Schuhe der Olympia-Athleten beobachten – es könnte sich dort das nächste heiß begehrte Kultmodell finden.
- Maria Hunstig ist Redakteurin beim Fachmagazin „Sportswear International“. Mehr zum Thema Olympia hier, zum Thema Mode hier.
Maria Hunstig