Kleider machen Karrieren: Was Frauen im Büro tragen sollten
Männer haben’s leicht: Schlips, Kragen, fertig. Und wie sollen Frauen sich kleiden, wenn sie im Beruf etwas werden wollen? Zehn Tipps von Accessoires bis Zentimetermaß für die High Heels.
Das ist eine der Geschichten, die Katrin Sachs gern erzählt: Wie eine Backoffice- Mitarbeiterin des Unternehmensberatungsunternehmens McKinsey eines Tages hörte: „Warum kommen Sie nicht mal mit raus zu einem Kunden?“ Eine Einladung zum Aufsteigen. Und warum sie das hörte? Weil sie trotz ihrer kundenfernen Tätigkeit immer präsentabel gekleidet im Büro erschien. Das war aufgefallen.
Schön an der Geschichte ist vor allem, dass sie von demokratisierten Aufstiegsmöglichkeiten erzählt. Sich präsentabel anziehen hat nicht mit Glück und nicht mit Gnade zu tun. Es ist nachmachbar. Wofür unter anderem Katrin Sachs sorgt, die mit ihrer Berliner Beratungsfirma „korrekt“ seit 2003 Coachings fürs Berufsleben anbietet, unter anderem vergangene Woche auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung in Berlin.
„Der Beratungsbedarf ist groß“, sagt Katrin Sachs, und die Empfehlungen seien von Dauer, denn trotz der vielen jugendlich-unkonventionellen Startups habe sich an den geltenden Dresscodes nur wenig geändert. Weil es dabei auch nicht um die Mode selbst geht, sondern darum, wie sie Gespräche beeinflusst.
Hier ihre wichtigsten Tipps – aus gegebenem Anlass von unten nach oben, denn da soll es ja hingehen:
Schuhe können flach sein, sogar Ballerinas sind drin, wobei sich jede Frau fragen sollte, ob sie darin geht oder watschelt. Katrin Sachs bevorzugt flache Absätze. Wer es lieber hochhackig mag, sollte das Zentimetermaß zücken, denn höher als sechs Zentimeter wirkt unseriös. Ansonsten gilt: niemals Turnschuhe, keine Sandalen. Die Schuhe sollten geschlossen sein und immer der dunkelste Punkt des Outfits, um den Blick nicht nach unten zu lenken.
Beinkleider. Hose oder Rock geht nach Belieben. Aber wenn Gürtellaschen dran sind, muss ein Gürtel rein, der farblich idealerweise zu den Schuhen passt. Bei Röcken muss auf die Länge geachtet werden, nie kürzer als eine Handbreit überm Knie. Und dran denken: Wenn man sich setzt, rutscht er hoch. Wie doof das aussehen kann, lässt sich in fast jeder Talkshow auf den Gästinnenplätzen besichtigen. Anders als in den USA gilt in Deutschland, dass Nylons Pflicht sind. Das nackte Bein steht hierzulande felsenfest unter Freizeitverdacht. Im Wandel ist dagegen das Dogma „Keine Stiefel zum Rock“. Das geht inzwischen – aber manchmal immer noch nach hinten los.
Blazer enden dort, wo die Hüften am breitesten sind. In wirklich wichtigen Meetings nicht ausziehen, egal, wie heiß es hergeht.
Muster. „Generell gilt: Großen Frauen, große Muster, kleine Frauen, kleine Muster“, sagt Katrin Sachs, also weg mit den Polka-Dots, Mrs. Big, und kein Marimekko-Ollie-Top für Sie, Mrs. Little.
Farben. Die Queen und Angela Merkel machen es vor. Bunt heißt nicht gleich liederlich. Man kann ein respektables Berufsleben jenseits sämtlicher Schattierung von Grau, von Hell- zu Dunkelblau und nicht zu vergessen Beige bestreiten. Aber eine gewisse Portion Mut und Selbstbewusstsein erfordert das, und das Bewusstsein, dass die anderen sich durch den bunten Klecks in ihrer Mitte irritiert oder herausgefordert fühlen könnten. Gerade dann ist es wichtig ist, dass man sich in seinem Aufzug wohlfühlt. Wem die Unauffälligkeit mehr liegt, der ist in dezenten Farben immer richtig gekleidet. Es wird ihm auch nicht als langweilig ausgelegt. Ist ja Arbeitskleidung und kein Partydress.
Fingernägel. Lackieren geht, vielleicht nicht unbedingt in Opis „An Affair in Red Square“. Für alle, die sich für künstliche Fresh Nails entschieden haben, der Tipp: auf jegliche Strassdeko-Applikation unbedingt verzichten. Weil das gar nicht mehr nach Zupacken-können aussieht. Und es geht hier ja um Arbeit. Auch für Tätowierungen gilt: verstecken!
Dekolleté. „Lebenskunst ist die Kunst des richtigen Weglassens. Das fängt beim Reden an und endet beim Dekolleté“, soll Coco Chanel gesagt haben, die vielleicht auch eine gute Berufsberaterin geworden wäre, aber noch besser als Modeschöpferin war. Der raffinierte Ausschnitt jedenfalls ist laut Katrin Sachs ein Trumpf für den Abend, nicht für die Arbeit. Faustregel: „Der Ausschnitt sollte über dem sichtbaren Brustansatz enden.“
Kragen zu Kragen, heißt es. Und umgekehrt: Nie zwei kragenlose Oberteile übereinander, sieht immer aus, als fehle etwas. Und wenn das Gegenüber erst anfängt darüber nachzudenken, was genau da eigentlich fehlt, ist die gelungene Kommunikation schnell in Gefahr.
Gesicht. Ganz ohne Schminke geht es nicht, sagt Katrin Sachs. Und wenn es nur ein bisschen Wimperntusche, ein Lidstrich oder Lipgloss ist. Das sei auch keine Unterwerfungsgeste an gängige Geschlechterrollen, sondern mache klar, dass man Möglichkeiten zu nutzen verstehe. Sich nicht schminken ist demnach in etwa so, als würde man seinen Kaffee statt mit dem Löffel mit dem Finger umrühren. Das macht auch keinen guten Eindruck. Frauen, die sich trotzdem fragen, warum sie sich anmalen sollten, während Männer das nicht täten, können sich die Rasur als Äquivalent denken.
Accessoires sind das halbe Outfit. Aber bitte wohl dosiert. „Nie mehr als fünf sichtbare Teile“, heißt die Regel, mit der Katrin Sachs vom glitzernden Weihnachtsbaumeffekt warnt. Achtung: Ohrringe sind zwei Teile. Für Halstücher und Schals gilt: nicht so wickeln, dass sie sich wie ein gigantischer Stoffpanzer vor dem Gesicht auftürmen. Dann lieber runterhängen lassen.
Grundsätzlich gilt für die Arbeitswelt, dass beim Outfit – anders als beim Gehalt – weniger mehr ist. Die Dresscodes für den Beruf sollen nicht verführen, sie sollen die Aufmerksamkeit von Gesprächspartnern auf das lenken, was man zu sagen hat. Das heißt, dass sie schnellstmöglich klare Botschaften senden müssen, nach denen sofort zugehört werden kann. Denn, auch das sagt Katrin Sachs tröstlicherweise noch: „Am Ende kommt es doch immer noch darauf an, was gesagt wird.“