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Mützenmeer auf dem Women's March am 21. Januar in Washington. "Pussy Hats" ironisieren auch Trumps Sexismus.
© REUTERS

Stricken als Protestmittel: Was es mit den Pussy Hats auf sich hat

Weltweit wird gegen Donald Trump demonstriert. Dabei tragen die Leute rosa Wollmützen, "Pussy Hats". Ein Essay und eine Anleitung zum Stricken.

Anstricken gegen ein Gestrick aus Lügen! Auch damit macht die Bewegung gegen Donald Trump mobil, die beim Women’s March am vorigen Wochenende begann und Millionen zu einem Farbenmeer von Protestierenden mobilisierte. So bunt wie begeistert marschierten sie gegen die eigene Bestürzung an, die erst recht nach der Inauguration Trumps und dessen kalkulierten oder impulsiven Twitter-Gewittern stündlich wuchs. „Not my president!“, riefen die Leute unter den rosa Mützen, beileibe nicht nur Weiber.

Wir lassen uns nicht verstricken, auch das besagt ihr Text aus Textilien. Eingestrickt in die pinkfarbenen Demo-Strickmützen, in die endlosen Ketten aus Maschen sind – symbolisch – ganze Ketten aus Argumenten, Einwänden, Einsprüchen, Weigerungen. Sie belegen die Ablehnung, den Ärger der vielen, vielen, vermutlich der Mehrheit.

Den nun amtierenden Präsidenten Trump haben nämlich drei Viertel der Amerikanerinnen und Amerikaner nicht gewählt. Weltweiten Widerhall entwickelt sein „America first“, das sich liest wie „Amerika birst“ – birst entzwei. Doch zum Bürgerkrieg wird es nicht kommen, dafür bürgt bisher der friedliche Charakter der Proteste, die weniger der Eskalationslogik von Waffenlobbyisten folgt als dem wütenden Witz von 1968 und dem der Spontis in den Jahren danach.

Das Selbstgestrickte stand für Autonomie

Stricken als ironisches Zitat zum Thema „Waffen der Frau“, das brachten einst etwa die Grünen in den Bundestag, ab 1983, als Frauen neben krabbelnden Kleinkindern und langhaarigen Lebensgefährten mit Nadeln klapperten. Manche waren eher heiter und munter dabei, manchen war es auch bitterernst. Allen ging es darum, das Private als das Politische auszustellen. Ihr Stricken war also ein Statement, das Selbstgestrickte stand für Autonomie, für das Propagieren von Alternativen zum Warenkonsum. Do it yourself! Selbst gestrickt, selbst gebacken, selbst getöpfert: Vom Pulli über das Vollkornbrot bis zum Teepott schimmerte der Entwurf zum alternativen Leben auf.

Inzwischen wurde hunderttausendfach politisch mit Wolle und Garn gearbeitet, etwa um 2011 herum, als im Ruhrgebiet die sogenannte Katernberger Strick-Guerilla aktiv wurde, um die Essener mit Farbschüben zu versorgen. Plötzlich zierte etwa eine Krake aus orangefarbener Wolle einen Stadtbaum, rote Häkelherzen wurden über Poller auf Bürgersteigen gestülpt, Äste und Laternenpfosten trugen Ringelsocken und wollene Leggings. Heute sind in den Straßen vieler Städte anonyme Arbeiten zu sehen, die mit Wollzotteln, Pelzen, Fäden, Fasern den Kunstformen des „Yarnbombing“ (Garn-Bombardement) oder des „Guerilla Knitting“ (Guerilla-Stricken) zugerechnet und auch als „weiche Graffiti“ bezeichnet werden.

Protestler wollen an ihrem Geschick mitstricken

Strukturell sind es Verwandte des Guerilla-Gardening, des wilden Gärtnerns auf Stadtbrachen oder Verkehrsinseln. Motto solcher Aktionen war und ist es, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen – alles kann anders sein, bunter, lebendiger, in jedem Winkel des Alltags, das ist die Masche der Maschenmacherinnen, das Credo der Wildpflanzer.

Jetzt beweisen die friedlichen Rosa-Armisten auf den Straßen Amerikas, ja, aller Kontinente, dass sie mehr sein können als Zaungäste der Geschichte, dass sie vielmehr selber an ihrem Geschick mitstricken wollen. So suchte der neue Mann im Weißen Haus Rettung vor den Tatsachen, als er und sein Team die „alternativen Fakten“ erfanden und die Menschenmenge, die zur Amtseinführung aufgetaucht war, als „die größte jemals“ bezeichneten, unbeeindruckt von Luftfotografien, die das nicht hergaben: „Alternative Fakten“ als der grob gestrickte Versuch, von den Massen des Women’s March abzulenken.

Wer hätte gedacht, dass sich ein Präsident der USA einmal vor rosaroten Wollmützen fürchten sollte?

Strickanleitung für die Pussy-Mützen

SCHRITT 1

Für einen Pussy Hat mittlerer Größe benötigt man: zwei Knäuel rosa oder pinke Merinowolle mit einem Gewicht von 50 Gramm und einer Lauflänge von 40 Metern sowie ein Nadelspiel oder eine Rundnadel.

Am besten beginnt man mit dem Bund, sagt Marita Tenberg von der „Fadeninsel“ in der Oranienstraße. Dafür 40 Maschen anschlagen. Dann immer zwei Maschen links und zwei rechts stricken, bis der Bund ungefähr fünf Zentimeter hoch ist.

SCHRITT 2

Wenn der Bund fertig ist, für den Rest der Mütze auf glatt rechts wechseln. Neigt sich der erste Knäuel dem Ende zu, den zweiten einstricken und innen vernähen.

SCHRITT 3

Sobald die Mütze groß genug ist, die letzte Reihe zu Ende stricken und abketten. Ein Pussy Hat mittlerer Größe sollte inklusive Bund ca. 21 Zentimeter hoch sein.

SCHRITT 4

Dann die Kanten oben im Maschenstich zusammennähen. Einen kurzen Faden stehen lassen und diesen auf der Innenseite vernähen. Fertig ist der Pussy Hat. Geübte Stricker benötigen dafür nicht mehr als eine Stunde. „Die Größe sollte eigentlich jedem passen“, sagt Marita Tenberg. Sie und ihr „Fadeninsel“- Team strickten eine ganze Auswahl, die sie in ihrem Kreuzberger Laden anbieten.

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