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Über Ostern werden rund 40.000 Deutsche ihren Urlaub auf Mallorca verbringen.
© Enrique Calvo/REUTERS

„Wurden regelrecht angegiftet“: Vor Freunden halten Mallorca-Osterurlauber ihre Reise lieber geheim

„Einfach mal wieder ausgiebig Shoppen gehen“ – bis 17 Uhr herrscht auf Mallorca Normalität, abends bleibt oft nur der Fernseher. Und ein wenig Scham.

Ein Hubschrauber fliegt langsam den Strand an der Playa de Palma entlang. Vielleicht kontrolliert er, dass auch an diesem angenehmen Frühlingsabend kurz vor Ostern die Menschen am Meer die Abstandsregeln einhalten. „Schon in den vergangenen Tagen hat sich die Polizei vermehrt an der Uferpromenade blicken lassen“, erzählt Kevin Kirchheim. Der 27-Jährige aus Velbert in Nordrhein-Westfalen blickt entspannt in die Abendsonne. „Es ist traumhaft“, schwärmt er.

Trotz aller Appelle der Bundesregierung, auf das Reisen angesichts hoher Corona-Zahlen zu verzichten, werden Branchenschätzungen zufolge über Ostern rund 40.000 Deutsche ihren Urlaub auf Mallorca verbringen. 54 deutsche Urlaubsflieger landeten allein am Gründonnerstag in Palma, vergangenes Wochenende waren es 129.

Neben Sonne und Erholung suchen die Touristen vor allem die einfachen Dinge, die im Alltag in Deutschland fehlen. „Einfach mal wieder ausgiebig Shoppen gehen“, sagt eine deutsche Rentnerin aus Dortmund.

Kevin Kirchheim fühlt sich sichtbar wohl. „Ich bin in der Reisebranche tätig und daher beruflich wie privat viel unterwegs.“ Seine Leidenschaft ist nicht nur das Urlaubsziel, sondern auch der Weg dorthin. „Mir gefällt das Fliegen. Ich bin früher schon hin und zurück nach New York geflogen, nur um im Flieger sitzen zu dürfen.“ Nach Monaten daheim nun wieder im Hotel zu schlafen, ist für ihn ein Highlight.

Der Schlagerfan ist auch nicht das erste Mal auf der Insel. „Mit dem Ballermann habe ich aber nichts am Hut. Ich mag die Partyurlauber nicht. Es ist ideal für mich, dass es gerade so leer und ruhig ist.“ Aber die Uferpromenade ist dann doch ganz gut gefüllt mit Joggern und Spaziergängern. An den Feiertagen mischen sich auch Mallorquiner unter die deutschen Urlauber an der Playa de Palma. Einige mutige Kinder wagen sich bei einer Wassertemperatur von 15 Grad sogar schon ins Meer.

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„Bis 17.00 Uhr herrscht auf Mallorca völlige Normalität“, sagt Kirchheim. Die Geschäfte sind geöffnet, in Bars und Restaurants wird im Außenbereich Essen serviert, und an die Masken hat sich mittlerweile schon jeder gewöhnt. „Bis gestern war noch eine Bekannte da. Nun vertreibe ich mir die Zeit alleine, gehe spazieren und schaue mir die Insel an.“ In Palmas Kathedrale sei man derzeit fast allein.

Nur die Gestaltung des Abends ist schwierig, weil Bars und Restaurants ab 17.00 Uhr schließen müssen. Es bleibt ein frühes Abendessen im Hotel, ein letzter Blick auf das Meer und dann ab aufs Zimmer. Ab 22.00 Uhr gilt eine Ausgangssperre. „Die Getränke der Hotelbar darf man mit aufs Zimmer nehmen. Ansonsten bleibt der Fernseher als Zeitvertreib“, sagt Kirchheim.

Aber Ärger und Empörung in der Heimat über die Mallorca-Reisenden gehen auch an manchen Urlaubern nicht spurlos vorüber. Einige haben daheim lieber niemandem erzählt, wohin es über Ostern geht.

Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen berichtete von Anfeindungen vor der Reise. „Wir wurden regelrecht angegiftet. Eine Freundin hat uns vorgeworfen, wie wir denn ausgerechnet jetzt Urlaub machen könnten. Wir sollten das Virus ja auf der Insel lassen. Dabei sehen die Inzidenzzahlen hier wesentlich besser aus. Ich fühle mich auf Mallorca wesentlich sicherer als in Deutschland.“

Auch auf der Insel ist man sich des Risikos bewusst. Bloß nicht die Sommersaison gefährden, lautet die Devise. Derzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz auf Mallorca bei einem Wert leicht über 30 und damit auf relativ niedrigem Niveau. Aber alle wissen, dass sich das auch ganz schnell ändern kann.

Kirchheim macht sich darüber keine Sorgen. „In Deutschland rennen die Leute in den überfüllten Supermarkt. Wenn ich mich hier umgucke, frage ich mich, wo ich mich anstecken soll.“ Dass es dennoch nicht ganz auszuschließen ist, haben zwei andere deutsche Urlauber erfahren, die nach einem positiven Test in einem Quarantäne-Hotel sitzen. Jetzt dürfen sie weder nach Hause noch an den Strand.

Der deutsche Urlauber Kevin Kirchheim aus Velbert steht an der Playa de Palma.
Der deutsche Urlauber Kevin Kirchheim aus Velbert steht an der Playa de Palma.
© Ralf Petzold/dpa

Auch Kirchheim muss sich vor der Rückreise noch testen lassen. Nach der am Dienstag von Deutschland für alle aus dem Ausland ankommenden Flugreisenden angeordneten Testpflicht gab es einen Ansturm auf einige Kliniken. Am Testzentrum am Flughafen sind bis über Ostern hinaus schon alle Termine vergeben. Auch vor Privatkliniken standen sich Deutsche zum Teil stundenlang die Beine in den Bauch.

Der Mann aus der Reisebranche hat es besser getroffen: „Bei mir bietet das Hotel den Service an. Ich habe direkt am Morgen vor der Abreise einen Termin bekommen“, freut sich Kirchheim. (dpa)

Ralf Petzold, Jan-Uwe Ronneburger

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