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Serrano, Pfalzburger Str. 83, Wilmersdorf, Tel. 8892 9244, täglich ab 17 Uhr, Sonntag geschlossen.
© Mike Wolff

Von TISCH zu TISCH: Serrano

Ochsenherztomate mit Manchego-Käse

Kaum eine andere Küche hat sich in den vergangenen Jahren stilistisch so entwickelt wie die spanische. Zwar gibt es immer noch überall die Klischeegerichte à la Paella und die TapasBars, die meist wie aus einer riesigen Zentralküche bestückt scheinen – aber nach dem Riesenerfolg der Bastler um Ferran Adria erwarten wir, dass ein guter spanischer Chef irgendwas Avantgardistisches mit allerhand Piff und Puff in Szene setzt und dabei exzentrische Tierteile serviert, die kein Mensch kennt. Und einen ganz anderen Akzent setzten dann noch prägnante Produkte wie die unzähligen neuen Weine und populäre Schinkensorten namens Serrano, Pata Negra, Iberico.

Preisfrage: Was haben wir dann von einem neuen Restaurant namens „Serrano“ zu erwarten? Schinken, das auch. Aber Serrano bedeutet erst einmal nur „aus den Bergen“, und dann stellt sich noch heraus, dass der Küchenchef eigentlich aus den Bergen von Peru kommt – und sich mit dem verblichenen „Pata Negra“ in Mitte einst als Avantgardist profiliert hat, allerdings offenbar als ein wenig erfolgreicher.

Immerhin genügte diese Mixtur, um mich mit gewissen Erwartungen an die „Fusión Ibero-Andina“ in die Pfalzburger Straße zu locken. Dort habe ich nun eine durchaus originelle Küche gefunden, die mit ihren hohen Anteilen an Kohlehydraten und Käse wohl stark an die mir unbekannte peruanische Tradition anzuknüpfen versucht. Aus peruanischer Sicht mag das modern bis gewagt wirken, aus hiesiger Sicht kam es mir bodenständig vor, mit Tendenz zur Grobschlächtigkeit.

Immerhin stimmen die Preise. Schon für 15 Euro gibt es zehn verschiedene Tapas, ganz sympathisch aufgereiht: Banales wie die unvermeidlichen Pimientos de Padron, Komplexes wie die Kugel aus Kartoffelpüree mit Limetten auf einem winzigen Geflügelsalat. Gebratene Tintenfische, gebackener Manchego-Käse, Quinoa-Salat, blaue Kartoffeln mit Chili-Käse-Sauce, Chorizo, Schinken ... Mit einer Flasche Wein aus der gut und preiswert kombinierten Spanien-Karte dürfte das vielen Gästen genügen.

Wer danach die Rechnung kommen lässt, macht in der Tat nicht viel falsch. Denn den Gerichten à la carte fehlt es sehr an Schliff – manches erinnerte mich optisch wie geschmacklich an Kantine. Die Ceviche vom Wolfsbarsch beispielsweise bestand aus planlos zerhackten, knirresauer marinierten rohen Fischstücken nebst roten Zwiebeln, ergänzt um ein paar gebäckähnlich gepuffte Maiskörner; man mag das je nach Vorliebe äußerst erfrischend finden oder einen brutalen Weinkiller. Ochsenherztomate mit Manchego-Käse und Serrano-Schinken war genau das: Unten Scheiben einer wenig ausdrucksstarken Tomate, Käse in dünnen Scheiben drüber gelegt, banaler Schinken in dicken Scheiben daneben. Dafür braucht niemand ein Restaurant.

Die Hauptgerichte sahen aus der Entfernung verblüffend gleich aus: Auf vielen Tellern ragte ein mit Möhren durchsetzter Reishügel auf wie in den weltläufigen deutschen Kochbüchern der 70er Jahre. Dazu gab es angenehme, sättigende Dinge wie Hähnchenbruststreifen in sahniger Walnuss-, Parmesan-, Chilisauce. Der Thunfisch, gut knapp angebraten, kam allerdings mit einem Schlag Salzkartoffeln unter dicker, gelblicher Käsesauce. Das schmeckte alles nicht übel, war handwerklich auf bravem Niveau auch ganz gelungen – aber ich hätte so etwas nie von einem Küchenchef erwartet, der schon als anspruchsvoller Avantgarde-Koch gearbeitet hat.

Auch die Desserts blieben in diesem Rahmen: Wir kosteten eine hingeklatschte Johannisbrotcreme à la Pannacotta mit Espresso-Granité und guten Schaum von der peruanischen LucumaFrucht mit Schoko-Eis und Himbeeren, freundlich, preisgünstig, ohne höhere Ambitionen angerichtet. (Vorspeisen um 12, Hauptgerichte circa 13–20 Euro.)

Wäre noch hinzuzufügen, dass der Service sehr aufgeschlossen und zugewandt wirkt und freundlich berät, allerdings den Wein- und Wassernachschub nicht immer rechtzeitig hinbekommt. Der familiären Atmosphäre tut das keinen Abbruch. Man muss eben nur mit den richtigen Erwartungen hingehen.

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