zum Hauptinhalt
Nordisch modern. Das "Savu" in Charlottenburg in den Räumen des ehemaligen Restaurants Balthazar.
© Savu/promo

Von Tisch zu Tisch: Savu

Finnland, Spanien, Italien: Sternekoch Sauli Kemppainen schlägt am Kurfürstendamm einen weiten Bogen – und überzeugt.

Wir wissen ja nicht, was noch so kommt. Aber das Prädikat "Interessanteste Restauranteröffnung des Jahres" dürfte dem "Savu" kaum zu nehmen sein. Denn die Kombination bekannter Koch/hoher Aufwand/gute Lage lässt sich nicht einfach aus dem Ärmel schütteln, zumal nicht mal sicher ist, ob so etwas überhaupt noch gewollt wird. Vielleicht erfüllt dieses Restaurant auch deshalb mit Absicht nicht den vierten Oh-Faktor, sehr hohe Preise – denn hier kann, wer will, gut mit 100 Euro für zwei davonkommen. Was aber schade wäre.

An erster Stelle: der Küchenchef. Sauli Kemppainen hat im Brandenburger Hof gekocht und 2011 einen Michelin-Stern bekommen, bevor es mit dem Hotel nach dem Verkauf bergab ging. Dann tingelte er, mal hier, mal dort, kochte in Moskau und Charlottenburg – und wir können nur hoffen, dass das mit dem Savu jetzt mal für länger ist. Denn auch Vedad Hadziabdic, sein Geschäftspartner und Restaurantleiter, ist nicht gerade für Sesshaftigkeit berühmt.

Egal! Das alte plüschig überladene "Balthazar" ist nach der Renovierung kaum mehr wiederzuerkennen, es spekuliert optisch nicht mehr auf den Beifall des alten West-Berlin, sondern spiegelt mit Moos und Birkenrinde die nordische Moderne, die sich in der offenen, aber vollverglasten Küche aber nur halb wiederfindet. Denn die radikale, puristische Wurzel- und Kräuterküche des Nordens ist nicht so Kemppainens Ding, er sucht in aller Finesse doch eher den vertrauten Geschmack als die Provokation.

Viele kleine Portionen statt Vor- und Hauptgänge

Sein Konzept: Es gibt keine Vor- und Hauptgänge, sondern kleine Portionen, die durcheinander bestellt werden können; alle kosten um die 16 Euro, vier gibt es für 59. Die "Savu Rolls" sollen zeigen, wo die Küche hinwill. Das sind dreimal zwei Scheiben in Sushi-Optik, einmal Rote-Bete-Gerste mit Maräne und geräucherter Mayonnaise, dann spanischer Sushi-Reis mit Pulpo, Iberico-Schinken und Sherry-Essig-Sauce und schließlich italienischer Sushi-Reis mit Doradentatar und Rucolasauce – geschmacklich reizvoll, aber recht füllig, ohne die Leichtigkeit klassischer Sushi und damit als Auftakt fast ein bisschen zu massiv. Viel leichtfüßiger (kann man das so sagen?) kommt der Lachs an den Tisch, sanft gegart, mit Rogen und knuspriger Haut, daneben ein Gazpachopüree (rot) mit einer Insel von Birkenwasser-Kerbel-Jus, was einen interessanten Mischgeschmack ergibt. Der skandinavischste Gang der ersten Karte ist sicher das geschmorte Rentierragout mit Pastinaken, Kiefern- und Tannennadel-Jus und Moosbeerenkompott, das der Chef am Tisch noch mit getrocknetem Rentierherz überraspelt – aber all das klingt schräger, als es schmeckt. Viel Klein- und Feinarbeit steckt in diesen Kompositionen, das merkten wir besonders bei der an sich klassischen Hummer-Bisque nebst Fenchel in Varianten, Kirschtomaten und ein paar Klecksen Hummer-Vanilleöl, das die Sache perfekt auf den Punkt bringt. Hummergelenkfleisch war auch noch drin; die trockenen Eismeergarnelen würde ich weglassen.

Gut gemacht, freundlich kalkuliert und stimmig präsentiert

Perfekt bekommt dieser Wanderer zwischen den kulinarischen Welten Fleisch hin: Das Flanksteak mit grüner Basilikum-Gerste, Filet-Carpaccio sowie in Birnensaft und finnischem Birkenlikör gegarten Birnenscheiben war für uns der Höhepunkt des Abends. Dass das Poltinger Lamm, Nuss und Zunge, mit Olivenöl, Kartoffelcreme, Knoblauchkartoffeln und Estragon nicht mitkam, lag daran, dass die Fleischscheiben zu klein waren, um sich gegen die wuchtige Begleitung zu behaupten. Nur Kemppainen hat Lieferanten, die ihm Desserts wie das köstlich frische Sorbet aus Moltebeeren mit Skyr-Panna-Cotta und einer gebackenen Skyr-Zigarre mit Zimt ermöglichen; auch das aus Schokolade fluffig aufgebaute Mauersegment mit weißem Schokoeis und Pinienkernen zeigte gekonntes Handwerk. Hadziabdic jongliert gekonnt mit spannenden, überwiegend konservativ ausgebauten Weinen, die es durchweg auch offen gibt. Das alles ist also gut gemacht, freundlich kalkuliert und stimmig präsentiert, kann aber hier und da noch etwas Feinschliff brauchen. Am Kurfürstendamm ist es von Anfang an die Referenz.

Savu, Kurfürstendamm 160, Charlottenburg, Tel. 88 47 57 88, Mo–Sa ab 18 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Zur Startseite