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Gutes Fleisch kommt von Schweinen, die ein gutes Leben hatten - man kann es schmecken
© Andreas Klaer

ERZEUGER IM UMLAND: Saumäßig gut

Schweinefleisch schmeckt eben doch - wenn es aus nachhaltiger Zucht stammt und die Qualität und nicht die schnelle Schlachtreife bei der Aufzucht im Fokus steht. Einige Bauern haben sich darauf spezialisiert und bieten Fleisch und Wurst zum Kauf - auch im Internet

Fett, wässrig, fad, belastet von Schadstoffen und Wachstumshormonen - Schweinefleisch hat einen schlechten Ruf. Das ändert sich nach und nach. Denn Schweinefleisch aus nachhaltiger Zucht, von ganzjährig in Freilandhaltung aufgezogenen Tieren - sofern es die Robustheit der Rasse erlaubt - schmeckt weit besser als das aus industrieller Massentierhaltung. Wer sich davon überzeugen möchte, kann zu „Kumpel und Keule“ in die Markthalle IX oder zu einem anderen Edelfleischer seines Vertrauens gehen. Auch der Online-Handel vernetzt Bauern aus dem Umland direkt mit Berliner Kunden und hilft ihnen darzustellen, was sie aus gutem Grund anders machen. Hier sind die besten Beispiele.

Potsdamer Sauenhain
Diese Landwirte sind ganz weit von der Seite ins Schweinesystem eingestiegen: Axel Penndorf und Clemens Stromeyer, von der Arbeit als Geografen im Satellitengeschäft gelangweilt, waren sich einig in der Abscheu vor Massentierhaltung, und sie spielten so lange mit dem Gedanken an Ausstieg auf die Scholle, bis es kein Zurück mehr gab. Mit einer Crowdfunding-Kampagne beschafften sie sich das Startkapital: Wer 170 Euro einzahlte, sollte später zehn Kilo Fleisch bekommen.
Anfang 2015 ging es dann richtig los. Eine aufgelassene Apfelplantage bot sich als weitläufiger Hof mit viel Auslauf, das Futter stammt zum Beispiel von einer Gasthausbrauerei in Potsdam, die ihnen den Treber, die ausgelaugten Malzreste, überlässt. Gegenwärtig leben 200 Tiere auf einer erweiterten Fläche von rund zehn Hektar, das bedeutet, dass drei bis vier von ihnen pro Woche geschlachtet werden können und die Firma verlässlich liefern kann. Die Schweine stammen aus eigener Zucht, verbringen das ganze Jahr im Freien und werden in einem kleinen Betrieb im Fläming geschlachtet. Biofutter wird eingesetzt, soweit es verfügbar ist, eine Zertifizierung ist aber nicht geplant.

Angebot
Gemischte Boxen mit Fleisch, Wurst und Speck kosten zwischen 69 und 139 Euro, auch große Teilstücke sind einzeln verfügbar.

Bestellen
potsdamer-sauenhain.de

Starteten ihr Projekt „Potsdamer Sauenhain“ mit einer Crowdfunding-Kampagne: Axel Penndorf (li.) und Clemens Stromeyer
Starteten ihr Projekt „Potsdamer Sauenhain“ mit einer Crowdfunding-Kampagne: Axel Penndorf (li.) und Clemens Stromeyer
© Andreas Klaer

Arenzhainer Wollschweine

Um die hundert Schweine laufen auf dem Arenzhainer Hof von Dirk Kupke herum. Etwa zwei Drittel davon sind Wollschweine, langhaarige Zausel, deren dicke Fettschicht sie gegen Wind und Wetter unempfindlich macht. Das ganze Jahr über leben sie unter freiem Himmel und teilen sich den Platz mit den etwas magereren und deshalb auch empfindlicheren Duroc-Schweinen, die selber entscheiden, ob draußen das richtige Sauwetter für sie ist oder ob sie doch lieber in den Stall gehen. Noch ziemlich am Anfang steht die Zucht der aus Kroatien stammenden Turopolje-Schweine, die im Balkan- Krieg fast ausgestorben wären. Kupkes Ferkel stammen aus eigener Zucht mit Eber und Muttertieren. Der Hof ist nicht biozertifiziert, aber gefüttert werden alle Tiere ausschließlich mit Getreide, Erbsen, Stroh und Gras. Der hohe Fettgehalt, der beim Wollschwein schon mal ein Viertel eines Krustenbratens ausmachen kann, sollte niemanden abschrecken. Im Gegenteil. Anders als bei Turbo-Schweinen verwandelt sich der Fettrand beim Braten nicht in penetrant schmeckendes Gummi, sondern wird glasig und schmilzt saftig mit fein-süßlichem Aroma im Mund. Den Speck der Wollschweine zum Beispiel verarbeitet Kupke zu einer Art Lardo - inzwischen ein Top-Seller des Arenzhainer Hofs.

Angebot
Verschiedene Sorten Wurst, Frischfleisch zum Kurzbraten und Schmoren (17,50 bis 26,50 Euro/Kilo) und Bratwürste (2 bis 2,50 Euro/Stück)

Bestellen
unter arenzhainer-wollschweine.de oder telefonisch bzw. per SMS unter der Nummer 0170-6526254. Versand möglich

Bezugsquellen in Berlin
An den Marktständen nach Vorbestellung freitags Leopoldplatz und Bölschestraße, samstags Kollwitzplatz und Südstern

Meine kleine Farm
Alles was auf der Internetplattform angeboten wird, hat eine Geschichte. Im Frühsommer etwa das Schwein Nummer 267 von Bauer Schulz aus Gömnigk, geboren im Oktober 2016, wie alle Tiere, die über die Seite vermarktet werden, in Freilandhaltung aufgewachsen. Am 21. Juni ist Schwein 267 geschlachtet worden und wird seit dem 6. Juli vermarktet - first come, first serve. Benachrichtigungen erfolgen per Newsletter, Facebook oder über die Homepage. Wie Bauer Schulz sind fast alle Partner-Betriebe bio-zertifiziert, im Angebot sind auch Deutsche Edelschweine, bevorzugt werden aber alte Haustierrassen wie Sattelschwein und Rotbuntes Husumer Schwein, auch Dänisches Protestschwein genannt. Das Fleisch dieser alten Rassen zeichnet sich durch eine feste Struktur und dunklere Farbe aus. Es ist nicht ganz so zart, verliert aber beim Braten weniger Wasser und ist im positiven Sinne intensiver im Geschmack. Bei Bauer Schulz stehen inzwischen auch fünf Schweine der Online-Metzgerei, geschlachtet werden sie zu Weihnachten.

Angebot
Hauptsächlich verschiedene Sorten Wurst, dazu Bratwurst und Frischfleisch in Fleisch- und Überraschungspaketen (Preis variiert je nach Erzeuger).

Bestellen.
Über Online-Shop www.meinekleinefarm.org, Lieferung über DHL in der Kühlbox.

Farm Katerbow

Das Dorf hinter Neuruppin ist die Heimat des Havelländischen Apfelschweins. Es heißt so, weil es mit Trestern aus der Obstverarbeitung gefüttert wird. Dabei geht es aber nicht um Apfelgeschmack, sondern um die Pektine im Apfel. Sie binden intramuskuläres Wasser und schaffen somit im Fleisch Platz für feine Fettadern, die den Geschmack und die Konsistenz entscheidend prägen. Die komplette Herstellung von der Aufzucht über die Mast bis zum fertigen Schinken liegt in der Hand des Betriebs; nur die Schlachtung wird bislang noch in einem benachbarten Betrieb vorgenommen. Besonders stolz ist man auf den kandierten, luftgetrockneten Apfelschinken und den traditionellen Kochschinken.

Bezugsquellen in Berlin
Katerbow betreibt zwei Geschäfte in Alt-Heiligensee 70 und in der Auguste-Viktoria-Str. 55a am Rathaus Schmargendorf. Dort ist das komplette Sortiment in allen Zuschnitten verfügbar, dazu ausgezeichnetes Rindfleisch.

Weitere Empfehlungen online
mycow.de und biomanufaktur-havelland.de (beide Bio-Fleisch aus Freilandhaltung von unterschiedlichen Erzeugern), filetundco.de (der Havelland-Express-Online-Shop liefert Saalower Kräuterschwein und Havelländer Apfelschwein in verschiedenen Zuschnitten).

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