Ein Jahr Berlin: Wie eine Flüchtlingsfamilie den Alltag meistert
Vor einem Jahr kam Familie G. aus Syrien nach Berlin. Dem Tagesspiegel berichteten sie damals von ihrem Neubeginn. Doch der Alltag ist belastender als gedacht. Ein Wiedersehen. Lesen Sie hier einen Auszug und den ganzen Artikel im digitalen Kiosk Blendle
Der Ausblick ist prächtig. Weit nach Westen können sie von hier oben sehen, sechste Etage. Nichts verstellt ihnen den Blick. Sie sehen bis zum Horizont, Häuser, Straßen, Bäume. Alles ist lange vor ihnen dagewesen. Bassima und Toni G. sind Flüchtlinge.
Dass es sie mit ihren drei Töchtern in diese Wohnung im obersten Stockwerk eines Moabiter Sozialbaukomplexes verschlagen hat, weiß Familie G. sehr zu schätzen. Nach ihrem Einzug stand der Nachbar vor der Tür, Brot und Salz in der Hand, und hieß sie willkommen. Im Sommer haben sie als Familie auf der kleinen Terrasse in luftiger Höhe gefrühstückt. Und zu Abend gegessen auch. Es hätte anders kommen können.
Der Blick über die Stadt darf nicht in die Tiefe gehen. Dort unten auf der anderen Straßenseite hat Toni G. bis vor Kurzem als Basketballer noch in der Sporthalle trainiert. Jetzt steht eine Reihe hellblauer Dixi-Klos vor dem Bau. Menschen treten vor geöffnete Seitentüren, rauchen und warten darauf, dass etwas passiert.
Eine Massenunterkunft wie diese dort ist Familie G. erspart geblieben. Die G.s zählen zu den 20 000 Syrienflüchtlingen, die aufgrund erleichterter Aufnahmebedingungen mit einem Visum einreisen konnten. Zuletzt wurden vor allem Familien mit Kindern und jenen Syrern Visa erteilt, die in Deutschland bei Verwandten unterkommen konnten. Kurz nachdem die G.s vor einem Jahr eintrafen, war das Kontingent erschöpft.
Ein Jahr, in dem Familie G. Deutsch zu lernen begonnen hat, in dem die Kinder erst in eine Willkommensklasse gingen und schließlich regulär eingeschult wurden. Ein Jahr, in dem sich die Eltern eine Sofagarnitur kauften, um wenigstens in einem Raum nicht auf Provisorien angewiesen zu sein. Ein Jahr, in dem sich nicht nur die G.s verändert haben. Auch das Land um sie herum ist ein anderes geworden. Wie es mit dieser Veränderung umgeht, ist nicht absehbar. Etwa 130 000 Menschen sollen 2015 aus Syrien angekommen sein, nachdem die Merkel-Regierung das Dublin-Verfahren zeitweise ausgesetzt hatte. Sie stellen die größte Gruppe unter den Flüchtlingen, die bis November Aufnahme gefunden haben.
An vielen Orten Berlins schlendern die Neuankömmlinge in Grüppchen durch die Straßen, erkennbar an der ahnungslosen Scheu und daran, dass sie gerade scheinbar nichts Besonderes vorhaben. In den politischen Debatten wird die Tonlage schriller, sobald die Sprache auf sie kommt. Die Angst ist groß, von den Erwartungen der Flüchtlinge an Deutschland überfordert zu werden.
Wie werden aus Fremden Nicht-mehr- Fremde? Familie G. ist eine syrische Durchschnittsfamilie mit ein bisschen mehr Glück, als andere es derzeit haben.
Er sei „erst mal froh, aus dem Chaos herausgekommen zu sein“, sagt Toni G. auf Aramäisch zu seinem Schwager Isaak, einem älteren Herrn mit weißem Haar, der übersetzen soll. Sie würden das alles wegen der Kinder tun. „Jetzt versuche ich, mich anzupassen“, sagt Toni.
Es ist die Anpassung an einen Alltag, der ihm die berufliche Perspektive genommen hat ...
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