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Rücktritt kam in Ferdinand Piëchs Lebensplan nie vor. Dann war er trotzdem weg – und jetzt ist er wieder da. Er will, dass die Schuldigen bezahlen, die sein Lebenswerk zu zerstören drohen.
© Boris Roessler/dpa

Nach dem VW-Abgasskandal: Die Rache des Alten

Er sitzt in Salzburg, plant den nächsten Zug: VW-Patriarch Ferdinand Piëch will Vergeltung. Für den Abgasskandal. Und die Intrigen. Seine Wut spürt nun selbst die Politik in Berlin. Unser Blendle-Tipp.

Nur eine Sekunde lang wird die Anspannung des niedersächsischen Ministerpräsidenten sichtbar. Stephan Weil wirft sein Glas um, stutzt, fängt es auf – gerade noch mal gut gegangen. In diesem Saal suchen sie nach Schuldigen. Und Weil steht unter Verdacht – in einem der größten Skandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Weil wird am Donnerstag vom Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zum VW-Dieselskandal vernommen. Seit 2013 sitzt er im Aufsichtsrat des größten Autoherstellers der Welt, Niedersachsen ist mit 20 Prozent „wichtiger Minderheitsaktionär“, wie der SPD-Politiker sagt. Seit zehn Tagen ist er mit einem Vorwurf konfrontiert, „der mich massiv beschäftigt“, sagt der 58-Jährige. Deutlich früher als behauptet, nämlich im Frühjahr 2015, soll er vom Abgasbetrug gewusst zu haben. Erst am 19. September gab Volkswagen die Manipulationen öffentlich zu.

Den Verdacht hat Ferdinand Piëch, der Firmenpatriarch, in die Welt gesetzt, bei einer Aussage vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Oder besser: angeblich in die Welt gesetzt. „Ich kenne eine Aussage Piëchs nicht“, sagt Weil – und dem kurzen Moment der Unsicherheit weicht jetzt Entschiedenheit. Piëchs in einem „Spiegel“-Bericht kolportierte Beschuldigungen, die auch drei weitere Aufsichtsräte treffen, seien falsch, sagt Weil.

Beim „Betrachten der Tagesschau“ am Samstagabend des 19. September habe er zum ersten Mal vom VW-Skandal erfahren, nicht früher. Weil beschreibt, wie er den Sonntag verstreichen ließ – ohne von VW informiert zu werden. Aber auch, ohne selbst nachzufragen. „Am Montag habe ich in Wolfsburg anrufen lassen.“

So spät? „Ich konnte die Meldungen zunächst gar nicht richtig einordnen“, sagt Weil. Vorher jedenfalls habe er nie von jenen Abschalteinrichtungen gehört, die Volkswagen illegal in mehr als elf Millionen Dieselwagen einsetzte. Auch hätten alle von Piëch Beschuldigten die Vorwürfe zurückgewiesen, erklärt Weil. „Ich tue dies auch noch einmal mit sehr klaren Worten und sehr nachdrücklich“, sagt er. „Der Gegenbeweis ist geführt.“

Auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der direkt nach Weil aussagt, weist alle Schuld, die Aufklärung verzögert zu haben, von sich: „Keine andere europäische Regierung hat so eine Vielzahl von Messungen veranlasst“, sagt er.

Stephan Weil (SPD) sagt im VW-Untersuchungsausschuss aus.
Stephan Weil (SPD) sagt im VW-Untersuchungsausschuss aus.
© Jutrczenka/dpa

Immer wieder kehren die Ermittler zu den gleichen Fragen zurück: Wer wusste wann etwas? Wer informierte wen? Wer kam dem Betrug wann auf die Spur? Was ist dran an den Vorwürfen Piëchs? Und wie weit lassen sich die Kreise des Skandals bis in die Politik ziehen?

Manche Piëch-Interpreten haben eine genaue Vorstellung über die Vorgänge im Frühjahr 2015. Ferdinand Piëch, damals Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG, erfuhr womöglich aus ganz speziellen Kreisen von einer Softwaremanipulation bei Dieselmotoren in den USA. Über diese Kreise ist viel berichtet worden in den vergangenen Tagen, unter anderem fiel der Name des ehemaligen israelischen Botschafters in Deutschland, Avi Primor, der in Begleitung eines israelischen Geheimdienstmannes in Wolfsburg aufgetaucht sein soll, um Piëch über die Abgasabschaltsoftware zu informieren. Beide haben dies inzwischen dementiert. Vielleicht war aber auch ein ehemaliger Hamburger Polizist mit guten Kontakten zu Geheimdiensten ...

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